Erkelenz Ausverkaufte Lesung auf dem Alten Friedhof

Erkelenz · Dem Unwissenden bot sich ein ungewöhnliches Bild: Mit einsetzender Dunkelheit pilgerten scharenweise Menschen mit Stühlen über die Brückstraße zum Alten Friedhof. Einige hatten Decken dabei, viele hatten sich mit Getränken eingedeckt.

Dabei hatte das Ereignis, zu dem sie strömten, nicht mit Geheimnistuerei zu tun: Mitnichten, sie waren Besucher der dritten Mittsommernachtslesung, zu der die Erkelenzer Leseburg eingeladen hatte. Und auch diese war in kurzer Zeit ausverkauft gewesen. Darüber freuten sich die Organisatoren Jörg Grätz, Felix und Helmut Wichlatz sowie Kurt Lehmkuhl.

Niemand wusste so genau, auf was er sich da einließ, als er sich die Eintrittskarte besorgt hatte. Ob die Texte kriminell, fantastisch, gruselig, heiter oder total normal sein würden, konnte niemand vorhersehen. "Der heutige Abend wird kontrastreich sein", sagte Lehmkuhl in seiner Moderation, als er zunächst Frank Rimbach ans virtuelle Lesepult bat. Rimbach erzählte eine Geschichte aus seiner Jugend im Saarland und der ersten Annäherung ans andere Geschlecht, die darin mündete, dass er bei einer Peepshow seinen verhassten Physiklehrer antraf. Peinlich! Oder nicht?

Ein Schmunzeln blieb nach dieser Geschichte, es wich einer Nachdenklichkeit, als Kai Beiwenger aus Wegberg nach eigenen Worten ein "eingefleischter Verschwörungstherotiker" seine Geschichte "Der Alte Friedhof und der Heilige Gral" vortrug. Keine Frage offen ließ später Beatrix Hötger-Schiffers aus Geilenkirchen, die mit "Marlene", ihrer Geschichte aus Fantasie und Krimi, ein familiäres Drama schilderte. Zu einem fremden Text hatte Rene Wagner aus Keyenberg gegriffen, was nicht verwundert, schließlich ist Hörbuchsprecher. In seiner unnachahmlichen Art trug er "Lass den Tiger los!" vor, eine humorige Fantasy-Geschichte.

Der Wechsel zwischen Sein und Schein wurde "Stürmer Jupp" zum Verhängnis. In "Stürmer-Jupp und der letzte Tag" schilderte Wichlatz ein Geschehnis am Ende des Zweiten Weltkriegs in Erkelenz, auf das ihn Heimatkundler Hubert Rütten aufmerksamgemacht hatte und die er in einer Geschichte verarbeitete: Ein SS-Mann tötet in einem Keller einen vermeintlichen Denunzianten und will sich unter dessen Namen und in dessen Kleidung als unbescholtener Bürger den heranrückenden alliierten Streitkräften stellen. Statt von den Befreiern wird er im Keller aber von SS-Schargen entdeckt, die ihn nicht kennen und ihn als Denunzianten massakrieren.

Um dem Kontrast vollständig zu machen, lud Lehmkuhl abschließend zu einer "Weinprobe" ein. Sie endete in einem Fiasko, über das herzhaft gelacht werden konnte.

(kule)
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