Serie Reformation Vor Ort - Teil 5 "Anders glauben"

Erkelenz · Die Gemeinde in Schwanenberg und Autor Peter Schanz bereiten ein Jugendtheaterprojekt zum Reformationsjubiläum vor.

Serie Reformation Vor Ort - Teil 5: "Anders glauben"
Foto: Jürgen Laaser

Schwanenberg Es übt schon eine gewisse Faszination aus zu begreifen: Geschichte ereignet sich nicht fernab von uns, sondern wir sind mittendrin. So geschah auch die große Erneuerung der abendländischen Geschichte, die Reformation, nicht fern von uns, sondern ganz nah, auch hier am Niederrhein, bei uns! Die Entwicklung unseres Dorfes wurde hierdurch auch entscheidend beeinflusst.

Reformation, das heißt zum Beispiel Aufbegehren gegen die erstarrte mittelalterliche Kirche, gegen Angstmacherei vor Höllenqualen nach dem Tod im Ablasshandel und Aufbegehren gegen versteinerte Strukturen. Dies alles vor 500 Jahren, um 1517. So werfen wir nun ein Streiflicht auf diese und die Folgezeit in unserem Dorf.

Schwanenberg gehörte damals zur Herrschaft Wickrath. Diese wurde 1498 "reichsunmittelbar", das heißt, dass sie keiner anderen Herrschaft als der des Kaisers untergeben war. Nach dem Augsburger Religionsfrieden 1555 konnte jeder Landesherr in seinem Territorium die Religion für sich und seine Untertanen bestimmen (cuius regio, eius religio). Der evangelische Gottesdienst wurde mit sehr großer Wahrscheinlichkeit 1557/58 von dem Reichsherrn von Wickrath, Johann von Quadt, in Schwanenberg eingeführt. In der weit verzweigten Familie der von Quadts herrschte reformatorische Gesinnung vor. Ob sich die Gemeinde schon zu Beginn mehr zur lutherischen oder reformierten Richtung (vor allem das Abendmahlsverständnis ist hier trennend) zugehörig fühlte, ist nicht eindeutig belegbar. Die Gemeinde wird aber schon 1572 mit dem Prediger Wilhelm Schütz als reformiert bezeichnet, aber erst 1601 schloss sie sich der reformierten Kirche an. Die Gemeinde Schwanenberg war aufgrund ihrer Reichsunmittelbarkeit in der Bewegung der Gegenreformation, insbesondere nach 1610, nicht in Bedrängnis geraten. Dies galt auch für die zum alten Pfarrbezirk gehörigen jülichschen Dörfer Grambusch und Hoven und die zur Herrschaft Tüschenbroich gehörigen Dörfer Geneiken und Genfeld. Nur das Dorf Matzerath war durch den starken Einfluss des mächtigen Kreuzherrenklosters Hohenbusch schon 1558 nach Erkelenz umgepfarrt worden und verblieb somit bei der "alten Kirche"; dies unterstützt die These, dass der evangelische Gottesdienst in dieser Zeit in Schwanenberg eingeführt wurde. Das war sicher ein längerer Übergangsprozess auf der Basis einer großen Bereitschaft in der Bevölkerung und nicht eine einmalige Aktion, wie es in verschiedenen Dokumentationen behauptet wird.

Die Franzosenzeit 1794 bis 1813 brachte viel Not, aber auch die Freiheit des Gottesdienstes und das Ende der Unterdrückung für die reformierten "Gemeinden unter dem Kreuz". Dadurch bekam Schwanenberg die Freiheit der Pfarrerwahl. Die kirchliche Ordnung wurde stark geändert und der staatlichen Aufsicht unterstellt. Die Gemeinde kam zur Consortialkirche Odenkirchen. Preußen hielt diese Zuordnung zunächst bei, richtete dann aber nach der preußischen Kirchenordnung von 1835 im Juli 1837 die Kreissynode Jülich ein. Damit gehört Schwanenberg seither zur Synode Jülich.

1817 wurde in Schwanenberg zur 300-Jahr-Feier der Reformation die preußische Union eingeführt. Seitdem nennt sich die Gemeinde "evangelisch" und war eine berühmte "blaue" Enklave im mehrheitlich katholisch geprägten Kreis Heinsberg.

(RP)
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