Emmerich Zeitzeugen berichten von Kriegswirren

Emmerich · Am 7. Oktober vor 72 Jahren wurde Emmerich zu 97 Prozent durch einen britischen Luftangriff zerstört. Der "Verein Leefbaarheid Netterden" hat zu diesem Thema einen Dokumentarfilm gedreht mit Interviews von Zeitzeugen.

 Oben: Blick auf den Alten Markt nach dem britischen Luftangriff am 7. Oktober 1944. Unten: Christa van Dee, die mit Christoph Aldering die Idee zu dem Film hatte. Oben: Blick auf den Alten Markt nach dem britischen Luftangriff am 7. Oktober 1944. Unten: Christa van Dee, die mit Christoph Aldering die Idee zu dem Film hatte.

Oben: Blick auf den Alten Markt nach dem britischen Luftangriff am 7. Oktober 1944. Unten: Christa van Dee, die mit Christoph Aldering die Idee zu dem Film hatte. Oben: Blick auf den Alten Markt nach dem britischen Luftangriff am 7. Oktober 1944. Unten: Christa van Dee, die mit Christoph Aldering die Idee zu dem Film hatte.

Foto: Stadtarchiv / Markus van Offern

Am 7. Oktober ist es 72 Jahre her, dass Emmerich zu 97 Prozent durch einen britischen Luftangriff zerstört wurde. Der "Verein Leefbaarheid Netterden" (VLN), der es sich zur Aufgabe gemacht hat, grenzüberschreitende Kontakte zu initiieren und intensivieren, hat zu diesem Thema einen Dokumentarfilm gedreht mit Interviews von Zeitzeugen. "Wir haben uns die Frage gestellt, wie die jungen Menschen von damals, zwischen 15 und 20 Jahre alt, diese Kriegszeit erlebt haben, wie sie diese Welt um sich herum verkraften konnten und welche Unterschiede es in der Wahrnehmung bei deutschen und niederländischen Jugendlichen gab", sagt Christa van Dee, die gemeinsam mit Christoph Aldering auf der deutschen Seite die Idee zu diesem Film hatte.

Aldering übernahm die Übersetzungen in Deutsch, Christa van Dee führte die Gespräche mit jeweils drei deutschen und drei niederländischen Zeitzeugen und Geert Römer filmte die Interviews, gab Regieanweisungen und schnitt anschließend den Film zusammen, indem er Filmsequenzen aus dem Krieg zwischen die einzelnen Gespräche legte. Entstanden ist ein halbstündiger Dokumentationsfilm mit dem Titel "Angst und Geduld", der am Freitag, 7. Oktober, im PAN gezeigt wird.

"Angst gab es auf beiden Seiten der Grenze", erklärt Christa van Dee. "Aber ich habe den Eindruck, dass die auf deutscher Seite intensiver war. Dort herrschte Unsicherheit und Misstrauen, selbst gegenüber Nachbarn, die Angst war innerlich. Wir Niederländer hatten Angst vor Bombardements, gingen aber dann wieder unserem Alltag nach."

Der Niederländer Theo van der Heide erzählt in dem Film, dass er in Netterden untertauchte, weil er Angst vor Zwangsarbeit hatte. Frans Dellemann, Ende 80, beschrieb, wie nach einem Flugzeugabsturz Niederländer und deutsche Soldaten zum Schutz in einen Keller unterkamen und der Kommandant sagte: "Lasst uns zusammen beten!" Hendrik Braam berichtet, dass das Leben einfach weiterging. "Wir bekamen nicht viel mit, es gab keine Nachrichten und kein Fernsehen." Auf der deutschen Seite erzählt Maria Verbücheln von der Hitler-Jugend, wo jeder Mitglied werden musste. Frau Terwiehl berichtet, dass sie nicht am Tisch ihres Freundes sitzen durfte, als der Vater, der bei der Waffen-SS war, erfuhr, dass sie belgische und niederländische Eltern hatte und "nicht arisch war". Der mittlerweile verstorbene Matthias Büll, der im Krieg zwei Brüder verlor, hat alle Briefe seiner Mutter und der Söhne, die im Krieg geschrieben wurden, aufbewahrt. "Darin geht es viel um Gefühle", sagt Christa van Dee.

Seit 2013 organisiert der VLN jährlich einen internationalen Nachbarschaftstag für die niederländischen Bürger an der Grenze und die deutschen Nachbarn - bisher immer in Netterden. Diesmal gehen die Organisatoren über die Grenze mit ihrer Dokumentation, um dort gemeinsam mit deutschen und niederländischen Bürgern die Vorführung zu erleben und ins Gespräch zu kommen. Auch einige der Zeitzeugen werden vor Ort sein.

Zusätzlich kommt der Buchautor Marcel Rözer, der ursprünglich aus Ulft kommt und aus seinem Buch "So Vader" (So wie dein Vater) berichtet. Immer wieder wurde ihm vorgeworfen, dass sein Großvater Mitglied bei der NSB - einer niederländischen Nazi-Abteilung - war und sein Vater mit 19 Jahren zur Waffen-SS ging. Er beschreibt, wie er es erst spät herausgefunden hatte, weil die Familie nicht darüber sprach, und wie es ihm damit erging. Außerdem wird auch eine sechsminütige Zusammenfassung des Memorial-Festes "70 Jahre der Freiheit", das im Mai 2015 in Netterden gefeiert wurde, gezeigt.

(moha)
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