Isselburg/Bocholt Geldstrafe im Prozess nach tödlicher Cold-Water-Challenge

Bocholt · Aus einer Jux-Aktion wurde ein tödlicher Unfall: Nach dem Tod eines 34-jährigen Familienvaters bei einer "Cold-Water-Challenge" im Münsterland musste das Amtsgericht Bocholt die Schuldfrage klären.

Isselburg: Familienvater stirbt bei "Cold Water Challenge"
7 Bilder

2014: Familienvater stirbt bei "Cold Water Challenge"

7 Bilder

Der Prozess um den tödlichen Unfall bei einer sogenannten Cold-Water-Challenge im Münsterland ist am Freitag mit einem Schuldspruch geendet. Der Besitzer des Unglücksfahrzeugs, dessen mit Wasser gefüllte Schaufel einen 34-Jährigen erschlagen hatte, muss 4800 Euro Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung zahlen. Das Verfahren gegen den Fahrer des Teleskopladers stellte das Amtsgericht Bocholt gegen Zahlung einer Geldauflage ein.

Ein Kegelclub hatte im Juli 2014 in Isselburg für das Internet filmen wollen, wie aus dem Teleskoplader Wasser über die Gruppe geschüttet wird. Mit 1800 Litern war das Gerät jedoch überladen und kippte auf die Kegelgesellschaft. Die Baggerschaufel erschlug den Familienvater, weitere Männer wurden verletzt.

Die Netzreaktionen zum Unglück bei der "Cold-Water-Challenge"
Infos

Die Netzreaktionen zum Unglück bei der "Cold-Water-Challenge"

Infos
Foto: Schulmann

Das Gericht warf dem Besitzer, einem 51-jährigen Landwirt, in der Urteilsbegründung mangelnde Sorgfaltspflicht vor, weil er ein landwirtschaftliches Gerät verliehen hatte, bei dem ein Warnsystem nach Aussage eines Gutachters nicht funktioniert hatte. Zwar konnte im Prozess nicht geklärt werden, bis zu welchem Punkt dem Landwirt der Mangel bekannt war. Nach Auffassung des Gerichts hätte der Mann den Kegelclub aber zumindest auf eine mögliche Gefahr hinweisen müssen. Die Anklage lautete auf fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Tötung.

Die Staatsanwaltschaft hatte ein höheres Strafmaß gefordert, blieb allerdings in seinem Plädoyer unter der Grenze für eine Vorbestrafung des Angeklagten. Das Gesetz sieht für fahrlässige Tötung bis zu fünf Jahre Gefängnis vor. Verteidigung und Staatsanwaltschaft wollen zuerst das Urteil prüfen, bevor sie über das Einlegen einer Berufung entscheiden.

Das Verfahren gegen den 37 Jahre alten Fahrer des Unglücksgeräts war zuvor gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden. Er muss in den nächsten sechs Monaten 3500 Euro an die Krzysztof-Nowak-Stiftung zahlen, die sich für Menschen einsetzt, die an der Nervenkrankheit ALS leiden. Der Mann bleibt durch die Einstellung des Verfahrens ohne Vorstrafe.

In Gruppen wie Kegelclubs oder bei der Feuerwehr hatte sich die "Cold-Water-Challenge" vor Jahren weltweit verbreitet. Dabei ließen sich Einzelne oder Gruppen zumeist vor laufender Kamera und in voller Bekleidung mit kaltem Wasser übergießen. Daraus wurde dann die "Ice Bucket Challenge", bei der sich die Teilnehmer selbst einen Eimer Wasser über den Kopf schütteten und Geld für die Nervenkrankheit ALS sammelten.

Der 37-Jährige Fahrer hatte vor Gericht mit tränenerstickter Stimme erzählt, wie er den Unfall aus der Fahrerkabine mit angesehen hatte. Die mit zuviel Wasser gefüllte Schaufel hatte dabei das Gefährt aus dem Gleichgewicht gebracht.

Nach Auffassung von Gericht und Staatsanwaltschaft war der Fahrer allerdings Teil der Kegelgruppe, die unter großem Zeitdruck die Aktion gemeinsam durchführen wollte. Seine Schuld sei deshalb nur sehr gering. Als Fahrer hätten auch andere Männer der Gruppe infrage kommen können. Im Prozess hatte kein Zeuge dem 37-Jährigen Vorwürfe gemacht. Selbst die Witwe des Getöten und dreifache Mutter hat nach dem Unglück ein freundschaftliches Verhältnis zu dem Kegelbruder. Ein Zeuge hatte am ersten Verhandlungstag ausgesagt, dass nicht der 37-Jährige alleine auf der Anklagebank sitzen müsste, sondern die ganze Gruppe.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort