Support-Ende für Windows XP Stadt Emmerich ignoriert Gefahr durch Hacker-Angriffe

Emmerich · Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) warnt seit Monaten vor Hacker-Angriffen auf Computer mit dem veralteten Betriebssystem Windows XP. Die Stadt Emmerich scheint diese Warnungen zu ignorieren und hat die betroffenen Rechner in der Verwaltung noch nicht umgestellt.

Seit dem 8. April liefert die Firma Microsoft keine Hilfestellung und keine Updates mehr für das Betriebssystem Windows XP. Für Rechner mit dem betroffenen System besteht seit Anfang April nun ein erhöhtes Risiko für Angriffe von außen. Das BSI geht davon aus, dass Hacker bereits gefundene Lücken zurückgehalten haben, um nun verstärkt anzugreifen.

Nutzer und Systemadministratoren könnten in diesem Fall nicht mehr nachbessern. Das Bundesamt hat deswegen bereits im Oktober 2013 vor allem Systemadministratoren in Behörden und Unternehmen in einer Stellungnahme empfohlen: "Bestehende Systeme, auf denen Windows XP oder eine andere veraltete Version eines Betriebssystems läuft, sollten schnellstmöglich auf eine moderne Version migriert werden."

Emmerich stellt noch nicht um

Die Umstellung, die sogenannte Migration, blieb in Emmerich bisher aus. Laut Pressesprecher Herbert Kleipass soll erst dann umgestellt werden, wenn auch neue Computer für einzelne Mitarbeiter angeschafft werden. Während andere Kommunen im Kreis Kleve das Sicherheitsrisiko erkannt haben und sich bereits im Umstellungsprozess befinden, sieht Emmerich am Rhein die Sicherheitsbedenken als "Panikmache". Man vermutet hinter den Warnungen vielmehr eine Werbekampagne für neue Microsoft-Produkte.

Experten schlagen Alarm

Für die IT-Experten Tobias Morsches und Wolfgang Straßer ist die Bedrohung sehr wohl präsent. Die beiden testen für ihr Unternehmen "@-yet" aus Leichlingen im Auftrag zahlreicher Kommunen die Netzwerke von Städten und Gemeinden. "Wir können uns dem BSI nur anschließen. Die Hacker dieser Welt werden sich genau die Rechner aussuchen, die noch nicht umgerüstet wurden", erklärt Straßer.

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Foto: AFP

Nach Ansicht der Experten besteht in einigen Verwaltungen kein ausreichendes Gespür für Sicherheitsfragen. "Die meisten behaupten, dass die Netze von außen gesichert seien, doch hängen viele Netze oder einzelne Computer am Internet und werden damit zum Sicherheitsrisiko, wenn sie dann auch noch auf einem alten System laufen", weiß Tobias Morsches.

Von Panikmache keine Rede

Dass Experten und Software-Hersteller nun angeblich Panikmache betreiben, können Morsches und Straßer nicht erkennen. Schließlich sei der reguläre Support für Windows XP schon im Jahr 2009 ausgelaufen. "Eigentlich hätte man ab da schon handeln müssen", sagt Wolfgang Straßer. Die Experten, die bei ihren Tests manchmal nur wenige Minuten brauchen, um Verwaltungsnetze zu knacken, geben aber zu, dass solche Umstellungen in der Verwaltung nie ganz einfach sind. So seien zum einen viele unterschiedliche Abteilungen betroffen, zum anderen handele die Verwaltung oft auf politische Beschlüsse hin, die auch IT-Abteilungen behindern könnten.

Müssen Emmericher um ihre Daten fürchten?

Glaubt man den Experten, liegen tausende Daten der Emmericher Bürger nun auf dem digitalen Silbertablett. Die Hacker brauchen nur noch zugreifen. Da die Stadt Emmerich jedoch dem "Zweckverband Kommunales Rechenzentrum Niederrhein" (KRZN) in Kamp-Lintfort angeschlossen ist, gibt es eine doppelte Sicherung der Daten.

"In einem geschlossenen Netz, das das Rechenzentrum bereitstellt, werden Anwendungen zum Beispiel der Sozialverwaltung oder des Meldewesens erbracht", erklärt Rudi Schneider, Pressesprecher des KRZN. Hinter mehreren digitalen Schutzwällen, den sogenannten Firewalls, liegt das gesamte Netz, jeder einzelne Rechner in der Kommunalverwaltung besitzt eine zusätzliche eigene Firewall. Zwar hat das KRZN die Mitgliederkommunen weit im Vorfeld auf die anstehende Umstellung auf ein neues System hingewiesen, doch glaubt man in Kamp-Lintfort, dass nun kein Flächenbrand in Emmerich ausbrechen werde.

Alternativen auch nicht immer sicherer

In Anbetracht des engen finanziellen Rahmens, in dem sich Kommunalverwaltungen bewegen, scheinen kostenlose Betriebssysteme eine Alternative zu sein. "Dass Linux pe se sicherer ist als Windows, lässt sich nicht sagen", wendet jedoch IT-Experte Tobias Morsches ein. Bei Open-Source-Lösungen wie Linux könnten IT-Mitarbeiter zwar den Programmiercode nach Lücken durchforsten, doch dies sei mitunter sehr zeitintensiv. Und auch das neuere Betriebssystem Windows 7 halten Experten nicht für das sicherste

Auch Mittelstandsbetriebe sind betroffen

Übrigens sei ein recht unbekümmerter Umgang mit IT-Sicherheit nach Aussage von Wolfgang Straßer kein Alleinstellungsmerkmal der öffentlichen Verwaltung. Auch viele mittelständische Unternehmen arbeiteten immer noch mit veralteten Systemen und riskieren damit Opfer von Hacker-Angriffen zu werden.

(ac)
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