Emmerich Schnaps um Elf: Das gab es wirklich

Emmerich · Das "Elf-Ührken" ist ein Verkaufsschlager. Wahrscheinlich, weil es an eine alte Emmericher Gewohnheit erinnert.

 Wirt Horst Welling weiß: "Früher gingen die Leute von der Baustelle um elf Uhr in die Kneipe."

Wirt Horst Welling weiß: "Früher gingen die Leute von der Baustelle um elf Uhr in die Kneipe."

Foto: Markus van Offern

Seit etwa drei Wochen gibt es das "Elf-Ührken" als neues Mitbringsel aus Emmerich und mittlerweile ist die dritte Charge auf dem Markt (siehe Box). Andre de Schrevel von der Niederrhein-Destille hat gerade den beliebten Kräuterschnaps neu angesetzt. "Spätestens zum Wochenende bekommen die Leute, die auf der Warteliste stehen, ihn nachgeliefert", verspricht Touristikchefin Dr. Manon Loock-Braun, die sich freut, dass der "Flachmann" mit dem 37,5-prozentigen Kräuterlikör zurzeit der Renner unter den Souvenirs ist. "Die Gäste, die ihn hier im Infocenter kaufen, erzählen oft ihre Geschichten dazu", sagt sie. Und die ehrenamtlichen Kräfte nehmen sich gerne Zeit, da zuzuhören. So mancher berichtet über Geburtstagsfeiern, die um genau elf Uhr beginnen, über nachbarschaftliche Treffen zum gemütlichen Schnäpschen oder über die Arbeitspause, in der das "Elf-Ührken" - früher oft ein Bier mit einem Kurzen - zu sich genommen wurde. Die Poorte-Kerls haben ebenfalls regelmäßig ihr "Elf Ührke" genossen.

Auch für viele Emmericher hat das "Elf-Ührken" eine lange Tradition. "Leute von der Baustelle gingen um elf Uhr in die Kneipe, um einen Schnaps zu trinken", erzählt Horst Welling, Gastwirt der Gaststätte "Zum Raben". Sein Vater habe am Wochenende immer einen Frühschoppen gemacht. Zuerst ging es am Sonntag in die Kirche zum Hochamt um zehn Uhr, dann stand das "Elf-Ührke" in der Wirtschaft auf dem Programm, bevor es danach zum Mittagessen ging, das die Ehefrau inzwischen zubereitet hatte. "Heute trinken die Gäste eher Kaffee um diese Zeit und nur vereinzelt ein Bier. Vor allem auch deshalb, weil viele Auto fahren müssen und ihren Führerschein nicht riskieren wollen."

Früher habe fast jeder ein "Elf-Ührken" kurz vor Mittag zu sich genommen, das gehörte zur Tradition, sagt Christa Scholten. "Um elf Uhr gab es bei Oma und Opa ein Körnchen und ein Bierchen." Das könne man sich heute nicht mehr erlauben, wenn man arbeitet, meinte Tochter Carmen Zimmermann, die das "Elf Ührken" aber vom Erzählen kennt.

Der 81-jährige Johann Köpp lernte diesen Brauch in seiner Lehrzeit kennen. "Die Meister und Gesellen gingen von elf Uhr bis halb eins in die Wirtschaft und tranken Schnaps. Damals gab es noch über 50 Gaststätten in Emmerich", sagt er. Agnes van Halteren erinnert sich, dass ihre Schwiegereltern besondere Vorlieben fürs "Elf Ührken" hatten. "Schwiegervater hat jeden Morgen ein geschlagenes Ei mit Cognac aufgefüllt und für die Gesundheit getrunken, Schwiegermutter trank einen Schnaps mit einem Löffel Zucker verrührt, aber nur am Sonntagmorgen."

Früher habe sich auch schon mal die Nachbarschaft spontan zum "Elf Ührken" getroffen, um Klatsch und Neuigkeiten auszutauschen. Agnes van Halteren, die im Pflegedienst beschäftigt war, hat festgestellt, dass viele ältere Leute an dieser Tradition festgehalten haben. "Wenn ich am Vormittag unterwegs war, wurde ich oft aufgefordert, einen Schnaps oder Likör mitzutrinken." Sie habe natürlich keinen Alkohol mitgetrunken. "Aber früher hatte ich noch etwas Zeit und so haben wir das "Elf Ührke" dazu genutzt, uns gemütlich zu unterhalten, worüber sich die alten Leute sehr gefreut haben."

(RP)
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