Rheinische Wahlfahrt in Rees Politiker wollen flächendeckendes Glasfasernetz schaffen

NRW muss sich bei der Digitalisierung weiter anstrengen, darüber waren sich bei der Diskussionsrunde zur Rheinischen Wahlfahrt auf dem Reeser Marktplatz alle Politiker einig. Wie der richtige Weg aussieht, darüber gab es aber Uneinigkeit.

Rheinische Wahlfahrt in Rees über Digitalisierung
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Foto: Stade, Klaus-Dieter

Viel ironischer geht es wohl kaum: Ausgerechnet bei einer Diskussionsrunde zum Thema Breitbandausbau und Digitalisierung, die live ins Internet übertragen wird, fällt das Netz aus. So geschehen bei der zweiten Ausgabe unserer Rheinischen Wahlfahrt, einer Tour durch Nordrhein-Westfalen vor der Landtagswahl, bestehend aus sieben Diskussionsrunden mit Landtagskandidaten zu sieben verschiedenen Themen.

Vom Netzausfall ließen sich die Diskutanten aber nicht beeindrucken. Trotz ziemlich kühler Temperaturen im Wahlfahrt-Mobil, einem umgebauten amerikanischen Wohnwagen, diskutierten Thorsten Rupp (SPD), Günther Bergmann (CDU), Stephan Haupt (FDP) und Michele Marsching (Piraten) teils sehr hitzig über die digitale Zukunft des Landes. Die Fragen stellten RP-Redakteur Henning Bulka sowie Bürger vor Ort und die Livestream-Zuschauer im Netz.

Ganz vorne an stand das Thema Breitbandausbau. "Früher brauchte man den Autobahnanschluss, heute braucht man die Datenautobahn", sagte Thorsten Rupp. Die rot-grüne Landesregierung habe deshalb beim Ausbau schneller Leitungen vorgelegt. Bis 2026 werde mit den jetzigen Plänen ganz NRW flächendeckend mit Hochleistungs-Glasfasernetz versorgt sein.

Ganz anderer Meinung war Günther Bergmann. "Gerade einmal sieben Prozent von NRW sind mit Glasfasernetz versorgt, mehr haben Sie bisher nicht geschafft." NRW liege weit zurück. "Wir haben viel zu spät angefangen, sind schlecht aufgestellt", bemängelte er. Geschwindigkeiten von mehr als 50 Megabit pro Sekunde seien teils immer noch eine Seltenheit.

Beim Breitbandausbau müsse es in jedem Fall um Glasfaserkabel gehen, nicht um das sogenannte Vectoring, also die Ertüchtigung alter Kabel, betonte Stephan Haupt. "Wir brauchen Glasfaser", so sein Credo. Der Ausbau komme dabei viel zu langsam voran.

Auch Michele Marsching zeigte sich nicht zufrieden. Häufig werde der Breitbandausbau nicht früh genug mitgedacht. "Es wird so oft die Straße aufgemacht, bei Baustellen könnte man direkt Leerrohre verlegen, um das Glasfaserkabel im Nachhinein einzuschieben", regte er an. Stattdessen verlasse sich das Land auf private Anbieter, mit der Folge, dass nur dort Glasfaserkabel verlegt würden, wo es sich für die Firmen auch lohne — und das sei eben tendenziell eher nicht in kleinen Dörfern.

Marsching sprach sich dafür aus, dass auch Bürgervereinigungen kleiner Ortschaften Zugang zu Fördermitteln des Landes erhalten. Günther Bergmann brachte ins Gespräch, einen Teil der milliardenschweren auslaufenden Steinkohlesubventionen in den Breitbandausbau zu stecken.

Uneinig war sich die Runde, ob Nordrhein-Westfalen ein Internet- oder Digitalministerium braucht. Michele Marsching und Stephan Haupt befürworteten das, um die Zuständigkeiten unterschiedlicher Ministerien zu bündeln. Günther Bergmann und Thorsten Rupp sahen ein solches neues Ministerium nicht als zwingend notwendig an.

Ebenfalls kritisch äußerte sich Rupp zu einem möglichen Pflichtfach Informatik, wie es die Piratenpartei fordert, und dabei im Grundsatz auch von der FDP unterstützt wird. Darin sollen laut dem Vorschlag nicht zwingend Programmieren, sondern vor allem das Verstehen logischer Prozesse, Medienkompetenz und das problemlösungsorientierte Denken geschult werden. Generell befürworte er zwar die Einführung eines solchen Fachs, so Rupp, aber nur als Wahlfach. "Wir dürfen darüber andere wichtige Kompetenzen wie Deutsch- und Mathematikkenntnisse nicht vernachlässigen", sagte er. Michele Marsching blieb dagegen bei der Forderung nach einem Pflichtfach. "Das ist ein Henne-Ei-Problem." Wenn es das Fach nicht gebe, würden auch keine Lehrer ausgebildet; gebe es keine Lehrer, würde auch das Fach nicht angeboten.

Die nächste Diskussionsrunde zur Rheinischen Wahlfahrt findet am Sonntag, 23. April, in Ratingen statt. Das Thema dann: die Belastung der Bürger durch Fluglärm. Zu jeder Diskussionsrunde der Wahlfahrt sind Politiker wechselnder Parteien eingeladen, immer aber ein Vertreter der aktuellen NRW-Regierungsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie ein Vertreter der aktuellen Oppositionsparteien im Landtag. Großes Finale der Aktion ist die Abschlussveranstaltung in Düsseldorf am 29. April, bei der Vertreter aller großen Parteien* die Gelegenheit bekommen, ihre Argumente vorzutragen und sich den kritischen Fragen der Bevölkerung zu stellen.

Für jede Diskussionsrunde haben wir Veranstaltungen auf Facebook angelegt. Diese haben wir bei den einzelnen oben stehenden Terminen verlinkt. Daten, Orte und Uhrzeiten sind teils noch vorläufig. Änderungen geben wir an dieser Stelle und in den Facebook-Events bekannt.

Die Rheinische Wahlfahrt ist ein Projekt der Rheinischen Post, das Facebook mit einem mobilen Live-Studio unterstützt.

* — Gemeint sind alle Parteien, die derzeit im Landtag sind oder nach gängigen Umfragen realistische Chancen haben, am 14. Mai in den nächsten Landtag einzuziehen.

(hebu)
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