Emmerich Rees – Afghanistan – Rees

Emmerich · Rund 120 deutsche Polizisten bilden derzeit in Afghanistan Einheimische aus, die auch einmal nach Recht und Ordnung in ihrer Heimat sehen sollen. Keine leichte Aufgabe. Das weiß auch der Reeser Alfred Epping, der derzeit als Ausbilder in Camp Marmal tätig ist.

Rees/Mazar-i-Sharif (ddp) Sie albern herum und benehmen sich wie Kinder an ihrem ersten Schultag und sollen doch nach nur acht Wochen Ausbildung als Polizisten für die Sicherheit ihres Landes sorgen. Wenn die derzeit rund 120 deutschen Polizisten junge Afghanen in ihrem Land zu Polizisten ausbilden, müssen sie oft zu sonderschulpädagogischen Techniken greifen.

Alfred Epping aus Rees ist seit knapp sechs Monaten im Rahmen des "German Police Project Teams" als Trainingskoordinator mit rund 70 weiteren deutschen Polizisten im Camp Marmal nahe der nordafghanischen Stadt Mazar-i-Sharif am zivilen Aufbau Afghanistans beteiligt. Wenige Tage vor seiner Rückkehr nach Deutschland entwirft der 48-Jährige ein erschreckendes Bild.

"Zwischen 60 und 90 Prozent aller Polizeianwärter sind Analphabeten und viele haben, obwohl sie meist zwischen 18 und 30 Jahre alt sind, noch nie eine Schule besucht", erzählt er. Im Unterricht werde zum besseren Verständnis mit Playmobilmännchen gearbeitet, der Stoff müsse mehrfach wiederholt werden, damit überhaupt etwas hängen bleibe.

Vermittelt werden lediglich die "absoluten Basics" wie Waffenkunde, Schießen und Checkpoint-Training sowie das Anhalten und Durchsuchen von Fahrzeugen, Personen und Gebäuden. Am Ende der Ausbildung können die Afghanen nicht mehr als einfache polizeiliche Arbeiten verrichten.

"Wir sind weit davon entfernt, in Afghanistan gut ausgebildete Polizisten auf die Straße zu lassen. Dafür reicht die Ausbildung nicht aus", sagt Epping und ärgert sich darüber, dass die deutsche Bevölkerung ein anderes Bild vermittelt bekommt. "Es ist einfach wirklichkeitsfremd, zu glauben, dass ein Afghane mit abgeschlossener Basisausbildung eine ebenso gute Qualifikation hat wie ein deutscher Polizist." Solche Darstellungen sorgten zudem für Unmut unter den Polizisten und Soldaten.

Die Zahl der deutschen Polizisten auf 200 zu erhöhen, betrachtet Epping als "guten Ansatz". Bis die Deutschen jedoch in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft eine funktionierende Polizei in Afghanistan aufgebaut haben werden, würden "sicherlich noch so einige Jahre" vergehen. Epping schlägt vor, die neuen Polizisten nach der Basisausbildung immer wieder zu kleinen Fortbildungen in die Trainingscenter zu holen.

Probleme, die Afghanen für die Ausbildung im Trainingscamp zu begeistern, hatte der Deutsche nicht. Die rund 400 Plätze im Camp Marmal wurde er immer schnell los, sagt er. Denn die Ausbildung durch die Deutschen sei unter den Afghanen sehr beliebt, da sie im Vergleich etwa zu der der Amerikaner als weniger militärisch gilt, mehr praktische Übungen und weniger Frontalunterricht beinhaltet. "Mit ihrem Zertifikat in der Hand platzen sie im Seminarraum fast vor Freude und Stolz", erzählt Epping.

Nicht ganz so einfach scheint es jedoch zu sein, deutsches Lehrpersonal zu begeistern. "Ich glaube nicht, dass wir Deutschen mehr als die jetzt geplanten 200 Polizisten für einen Einsatz in Afghanistan gewinnen können", meint Epping.

Auch er habe nach seiner Entscheidung für Afghanistan zunächst Aufklärungsarbeit im Freundes- und Verwandtenkreis leisten müssen. Denn leider werde oft der Eindruck vermittelt, "dass Afghanistan in Anschlägen und Terror versinke. Das stimmt allerdings so nicht und macht es nicht gerade leicht, Leute für einen Einsatz zu begeistern", sagt Epping.

Tatsächlich bleiben die meisten deutschen Polizisten, die als Ausbilder in Afghanistan arbeiten, planmäßig nur für drei Monate im Land, sodass jedes Jahr viele neue Interessenten gebraucht werden. Und das, obwohl nahezu jeder Zweite noch ein weiteres Mal nach Afghanistan kommt.

(RP)
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