Emmerich "Non scholae, sed vitae discimus"

Emmerich · "Nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir." Könnte der Spruch besser passen als zu diesem Treffen gestern?

 Sie machten ihr Abitur nach dem Krieg in Emmerich. . Gestern trafen sie sich bei "Franz" an der Promenade.

Sie machten ihr Abitur nach dem Krieg in Emmerich. . Gestern trafen sie sich bei "Franz" an der Promenade.

Foto: Markus van Offern

"Von jedem Schüler des Gymnasiums wird selbstverständlich äußerste Ordnung und Disziplin erwartet. Ein Herumstehen und zweckloses UmhergehenZS in Fluren und Treppenhaus ist nicht gestattet." So hieß es nach dem Krieg in der Schulordnung. Vieles war verboten, nur manches erlaubt. Was sich so alles ereignet hat, das wurde beim Treffen der ehemaligen Pennäler gestern Morgen im Restaurant "Franz" lebendig. 20 Schüler aus verschiedenen Abiturjahrgängen kamen zusammen.

 So sahen sie als Schüler aus.

So sahen sie als Schüler aus.

Foto: Markus van Offern

Achim Bross hatte das Treffen organisiert. "Unser 50. Klassentreffen hatten wir 2010, danach gab es bei den jährlichen Treffen immer weniger Teilnehmer", erzählte der 74-Jährige aus Wesel, der 1960 sein Abitur in Emmerich machte. Also hatte er dieses Treffen über die Jahrgangsgrenzen hinaus ins Leben gerufen.

Mit dem 87-jährigen Joachim van Bargen war auch ein Lehrer dabei. "Ich kam 1956 ans Gymnasium in Emmerich, unterrichtete Geschichte und evangelische Religion, später auch Hebräisch", erzählte er. Früher seien die Schüler braver gewesen, man hatte Respekt vor dem Lehrer. Klassen mit über 40 Schülern waren Standard.

Altbürgermeister Dr. Klaus Krebber, Abijahrgang 1961, schätzte Lehrer van Bargen: "Wenn wir ihn ärgern wollten, hat er sich einfach nicht geärgert. Das hat uns Schülern dann keinen Spaß gemacht." Den Mathelehrer, den hätten sie gerne geärgert. Der war autoritär und streng, hat sogar zugeschlagen, so dass fast alle Angst vor ihm hatten. "Wir Mädchen hatten alle eine Fünf bei ihm", sagte Lieselotte Jansen. In der Unterstufe wurden Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichtet. Die Oberstufe wechselte ins Hansagymnasium, da waren dann nur noch drei Mädchen in der Klasse. "Wir gingen dann zum Gymnasium Aspel in Rees, wo ich 1958 mein Abitur machte."

Wilhelm Pfirrmann war einer der ältesten "Schüler" bei dem Treffen. Der Schulbesuch war durch den Krieg unterbrochen worden, weil im Sommer 1944 die Tiefflieger kamen. Erst im Herbst 1945 ging es in der Speelberger Schule weiter, die stand noch. Oft saß man im Mantel im Unterricht, weil das Gebäude keine Fenster hatte. "Ich ging zur Schule in Schuhen mit hölzernen Sohlen, die gehörten meiner vier Jahre älteren Schwester", erinnerte sich Pfirrmann. 36 Schüler besuchten die Klasse bis zum Einjährigen, das Abi machten 14. "Unsere Klasse war geprägt von der Vergangenheit, wir waren eine Art Landsergemeinschaft, hielten fest zusammen", so Pfirrmann.

1949 gab es die Schulspeisung. Die Kosten pro Tagesration betrugen sieben Pfennig, angesichts "der Notlage des Staates" mussten die Eltern vier Pfennig freiwillig selber tragen. Wer dazu in der Lage war, wurde gebeten, die Patenschaft für ein armes Kind zu übernehmen mit einem monatlichen Beitrag von 90 Pfennig. Schwarze Anzüge habe man auf der Abschlussfeier tragen müssen, sagte Georg Maiß, Abijahrgang 1961. "Als dann einer im Holzfällerhemd erschien, machte der Furore." Seine Rede als Schulsprecher zur Abschlussfeier sei vom Lehrer zensiert worden, aber die zensierte Rede habe er dann doch nicht gehalten, erzählte Klaus Krebber, der später Arzt wurde. Auch wollten sie zum Abschluss ihre Bücher in den Rhein werfen, was natürlich verboten wurde. Da sei man dann zu Tübbe gegangen und habe ordentlich gefeiert und getrunken.

Auch so mancher Ausflug ist in guter Erinnerung. Hubert Meenen, der 1957 sein Abitur bestand, erzählte von Fahrten mit der Schülerbewegung "Bund Neudeutschland" ins Sauerland und zum Bundeszeltlager nach Freiburg.

Achim Bross sprach von einem Aufenthalt in einer Jugendherberge in der Nähe von Bonn. "Damals hatte der Bundespräsident Lübke Geburtstag und wir besuchten die Feierlichkeiten, das war für uns sehr beeindruckend."

(moha)
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