Emmerich Moyland schwelgt in Landschaften

Emmerich · "Natur als Kunst" heißt die Ausstellung in Museum Schloss Moyland, die Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts zeigt.

 Gustave Courbet Schwarze Felsen bei Trouville, 1865.

Gustave Courbet Schwarze Felsen bei Trouville, 1865.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Das nackte Bauernmädel sitzt an der Wiesenböschung eines Baches im Gras. Sie schaut versonnen mit angelegtem Kopf nach rechts, das linke Bein spielt im Wasser. Die junge Hirtin scheint mit sich und der Welt im Reinen. "Ganz realistisch und von großer menschlicher Würde, ohne einen literarischen Bezug", sagt Christoph Heilmann, Sammler, Kunsthistoriker und Redner bei der Eröffnung der Ausstellung "Natur als Kunst" in der großen Ausstellungshalle von Museum Schloss Moyland. 1849, ein Jahr nach der Pariser Februarrevolution, zeigte Jean-Francois Millet das kleine 1847/48 entstandene Bildnis der Hirtin auf dem Pariser Salon. Im gleichen Jahr verlegte Millet seinen Wohnsitz nach Barbizon, um mit seinem Malerfreund Theodor Rousseau dem großen Thema des uralten, mythischen Waldes und der dort lebenden Menschen nahe zu sein, so Heilmann. Frei nach dem Jean-Jacques Rousseau (1712 bis 1778) zugeschrieben Ausruf: "Zurück zur Natur".

 Alexandre Calame Hochgebirgstal in den Berner Alpen, 1838.

Alexandre Calame Hochgebirgstal in den Berner Alpen, 1838.

Foto: Gottfried Evers

Die Ausstellung in Schloss Moyland zeichnet nun diesen Weg auf. Den Weg der Maler hinaus in den Wald, mit neuen Farben und neuer Technik die Natur direkt zu erleben und direkt aufs Holz , aufs Papier und auch auf die Leinwand zu setzen. Spontan, frei und fern der Ateliers. Millets Mädchen scheint da wie ein Ziel dieses Schrittes hinaus in die Natur auf: durch die Landschaft in den Wald zum Menschen, der in dieser Natur zu sich findet.

Und so lädt die neue Ausstellung in Schloss Moyland zur Reise ein, startet in Berlin und München, in Düsseldorf bei den noch in der Romantik verhafteten Malern, die ihre Skizzen vor Ort machen. Wie Carl Spitzweg (1808 bis 1885), der das Dachsteingebirge auf ein kleines Stück Papier bannt. Der die ganze Majestät des Gebirgszuges auf 16 mal 28 Zentimeter holt. Wunderbar auch der Blick Alexandre Calames (1810 bis 1864) auf die Berner Alpen. "An die Stelle der großkomponierten Ideallandschaft trat die realitätsnahe Naturdarstellung, die als Kleinformat einen intimen Eindruck in das individuelle Naturerlebnis des Künstlers gewährt", sagt Museumsdirektorin Bettina Paust. 75 mittel- und kleinformatige Ölbilder aus der Sammlung Heilmann im Lenbachhaus hat Moyland zusammengetragen: man schwelgt in Landschaften.

Dann geht die Reise - so, wie die Künstler damals eigentlich auch Reisende waren - weiter nach Barbizon. Zu den Franzosen, deren Strich schon freier ist: Die großen Realisten Corot und Courbet empfangen den Besucher gleich nach der Romantik. Doch die beiden präsentieren sich in ihren Studien gar nicht so realistisch.

Doch nicht nur die Maler zogen jetzt hinaus in die Natur: Auch die Fotografen gingen hinaus, der Natur die Kunst abzuringen. Die im Mittelteil der Halle geografisch in Reiserichtung von Deutschland nach Frankreich geordneten Gemälde (hellblau für die deutschen Romantiker, hellgrün für die Schule von Barbizon) werden von Fotografien aus der Zeit flankiert. Da sind auf der einen Seite jene Fotos wie Skizzen eines Malers für seine Bilder, auf der anderen Seite aber straff durchkomponierte opulente Landschaften, die rückblickend schon auf die Fotografie als eigene Kunstgattung hinweisen.

(RP)
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