Emmerich Lidl-Mord: Lebenslange Haft

Emmerich · Zwei Brüder hatten ihren ehemaligen Schwager mit 44 Messerstichen getötet.

 Die Angeklagten nahmen des Urteil regungslos entgegen.

Die Angeklagten nahmen des Urteil regungslos entgegen.

Foto: Evers

Was sich am 31. März 2014 im Lidl-Markt an der Materborner Allee ereignete, war ein eiskalter Mord. Die 2. große Strafkammer des Landgerichts Kleve sieht es als erwiesen an, dass zwei 23 und 32 Jahre alte Brüder aus Bedburg-Hau ihren ehemaligen Schwager vorsätzlich und heimtückisch mit 44 Messerstichen getötet haben. Die Kammer verurteilte die Angeklagten gestern zu lebenslanger Haft. Sie nahmen das Urteil regungslos entgegen.

Falls die Angeklagten keine Revision einlegen, bedeutet das Urteil das Ende einer jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzung. Eine andere Kammer des Klever Landgericht hatte die Bedburg-Hauer 2014 wegen Totschlags zu jeweils zwölf Jahren Haft verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Bruder des Opfers Revision ein. Nach Ansicht des Nebenklägers sei die Tat aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch geschehen - beides sind Mordmerkmale. Das sah der Bundesgerichtshof ähnlich, stellte fest, dass das Merkmal der "Heimtücke" damals mit einer unzutreffenden Begründung vom Gericht verneint worden sei, und verwies das Verfahren an die Schwurgerichtskammer des Klever Landgerichts zurück.

Auch die Schwurgerichtskammer kam am Ende zu dem Schluss, dass die schrecklichen Ereignisse nicht mehr "nur" als Totschlag zu bewerten sind. "Sie haben ihr Opfer vorsätzlich getötet. Das war Mord und nicht Totschlag. Dabei gingen sie heimtückisch vor: Das Opfer war von ihrem Angriff völlig überrascht, es war arg- und wehrlos", wandte sich Richter Gerhard van Gemmeren in der Urteilsverkündung an die beiden Angeklagten.

Dem Mord im Lidl-Markt war eine jahrelange Fehde zwischen Täter- und Opferfamilie vorausgegangen. Das Opfer war eine zeitlang mit der Schwester der beiden Angeklagten verheiratet. Immer wieder wurde der 44-Jährige gegen seine Frau gewalttätig, so dass diese schließlich die Scheidung einreichte. Im Februar 2008 kam es dann zu einer, so der Richter, "unfassbaren Tat": Der 44-Jährige versuchte den älteren Bruder der beiden Angeklagten mit einem Messer und einem Pflasterstein zu töten. Das Opfer überlebte knapp. Die beiden Angeklagten wurden unmittelbar nach der Tat hinzugerufen, mussten den Anblick ihres schwer verletzten Bruders ertragen. Der 44-Jährige ging für seine Tat vier Jahre in Haft. Sowohl der Staatsanwalt als auch die beiden Verteidiger der Angeklagten betonten, dass diese Familienfehde zur Einordnung der Tat im Lidl-Markt wichtig sei. Richter van Gemmeren stimmte zu, schränkte aber ein: "Diese Vorgeschichte erklärt einiges, rechtfertigt jedoch nichts."

Während der Staatsanwalt, von einer an "Selbstjustiz grenzenden Gewalttat" sprach, sahen dies die Verteidiger ganz anders. Sein Mandant habe den 44-Jährigen im Lidl-Markt lediglich zur Rede stellen wollen. Das Opfer habe sich sehr wohl auf die Situation einstellen können. "Wegen der Vorgeschichte musste der 44-Jährige damit rechnen, dass er von meinem Mandanten angegriffen wird", sagte der Verteidiger des 32-Jährigen. Das Opfer hätte "Mittel und Wege" gehabt, "dem Angriff der Angeklagten - ein Kleinwüchsiger und ein schmales Hemd - auszuweichen", so der Rechtsanwalt. Er beantragte eine Haftstrafe von weniger als fünf Jahren. Der Verteidiger des 23-Jährigen sprach gar davon, dass sein Mandant sich in einer "Situation äußerst nahe an Notwehr" befunden habe. Das spätere Opfer habe in seine Hosentasche gegriffen, so dass der 23-Jährige annahm, dass der 44-Jährige ein Messer zücken würde.

Zeugen hatten von einer regelrechten "Hinrichtung" berichtet. Viele der Kunden und Angestellten, die den Mord mitansehen mussten, wurden dadurch traumatisiert.

(RP)
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