Emmerich Isselverbände brauchen Hilfe der Profis

Emmerich · Ein dramatisches Wetterereignis wie 2016 kann sich an der Issel immer wiederholen. Die verschiedenen Akteure verkaufen jetzt eine neue Diskussionsrunde als Erfolg im Kampf für besseren Hochwasserschutz.

So sah es beim Issel-Hochwasser im Jahr 2016 in Anholt aus.

So sah es beim Issel-Hochwasser im Jahr 2016 in Anholt aus.

Foto: Markus van Offern

Für die vom Hochwasser bedrohten Anwohner der Issel muss die Pressemitteilung der Bezirksregierung wie Hohn klingen: "Fortschritt beim Hochwasserschutz" titelt die Bezirksregierung Düsseldorf nach einem Treffen aller Entscheider. Im Ergebnis ist aber kein Deich gebaut, kein Anwohner mehr geschützt als vorher. Stattdessen sei, wie exklusiv berichtet, entschieden worden, dass die Bezirksregierung zusammen mit der ins Boot geholten Kommunal-Agentur NRW auf die Bürgermeister der betroffenen Städte zugehen wird. Konkret geht es um das Geld. Millionen müssen investiert werden, aber wer zahlt?

Nach dem dramatischen Hochwasser 2016 ist die Sorge bei den Anliegern groß. Eine massive Regenfront über mehrere Tage kann sich auch am Niederrhein immer wiederholen. Zwar sind mittlerweile mit Grundstückseigentümern Festlegungen darüber getroffen worden, welche Felder im Notfall geflutet werden, doch an den eigentlichen Risiken, den Deichen, ist nichts gemacht worden. Das Problem ist ein Dschungel der Institutionen.

Der Isselverband ist in seiner jetzigen Form seit 1986 zuständig für die Unterhaltung, den Ausbau, den Hochwasserschutz und die Sicherung des Wasserabflusses an der Issel. Diese Aufgaben hat sich der Isselverband per Satzung gegeben und damit auch die Möglichkeit, die Aufwendungen über Umlagen bei seinen Mitgliedern zu finanzieren sowie Rücklagen zu bilden. Zu diesem Isselverband gehören fünf Unterverbände (Untere Issel Süd, Untere Issel Nord, Mittlere Issel, Obere Issel, Raesfelder Isselverband).

Der Isselverband ist nur für den Hochwasserschutz an der Issel zuständig, nicht aber für die Nebengewässer, die Gräben und Bäche. Für diese haben die Unterverbände die Verantwortung. Aber: Nur zwei haben Hochwasserschutz satzungsmäßig verankert. In den Ortslagen an den Nebengewässern im Bereich der anderen Unterverbände nehmen wiederum in der Regel die Kommunen den Hochwasserschutz wahr. Finanziell kommt das Land zu 80 Prozent für den Hochwasserschutz auf, 20 Prozent ist vom Isselverband zu tragen.

Der Politik in Hamminkeln und im Kreis ist angesichts der verworrenen Lage schon mehrmals die Hutschnur geplatzt. Die SPD im Kreis forderte jüngst, den Isselverband aufzulösen.

Wie bringt man Licht in dieses verworrene Konstrukt der Verantwortlichen? Am Montag hatten sich die beteiligten Akteure im Weseler Kreishaus zum Hochwassergipfel getroffen. Daran nahmen Vertreter der Bezirksregierung Düsseldorf sowie die Wasserverbände im Einzugsbereich der Issel teil. Nachdem unsere Redaktion Mitte der Woche schon berichtet hatte, legte die Bezirksregierung gestern mit der Mitteilung nach. "Einen großen Schritt" für den Hochwasserschutz verkündete sie. Geklärt wurde aber nicht etwa, wann und wie die Anlieger vor Hochwasser geschützt werden. Geklärt wurde im Kern nur, dass man sich unter professioneller Anleitung weiter unterhält.

Außerdem sollen die Bürgermeister der Region ein Wörtchen mitreden. Ziel sei es, diesen Schritt noch in diesem Jahr zu tun, sagt Jörg Matthes, Hauptdezernent Wasserwirtschaft der Bezirksregierung Düsseldorf. Er verkündete, dass es bei dem Treffen eine "lebendige und konstruktive Diskussion" gegeben habe. Es sei der Wille da, mit einer einheitlichen Organisationsstruktur den Weg für einen verbesserten Hochwasserschutz auf einer rechtlich sicheren Grundlage freizumachen.

Ein Hochwasserschutzkonzept liegt seit Juni 2017 vor, die Isselverbände haben aber nicht genug finanzielle Mittel; außerdem gibt es unterschiedliche Satzungen beim Isselverband und seinen Unterverbänden.

Bernd Romanski, Bürgermeister der Stadt Hamminkeln, erklärte auf Anfrage der RP: "Aus meiner Sicht wäre es schön, wenn die vielen Treffen demnächst auch zu konkreten Handlungen führen, die zur Umsetzung des Hochwasserschutzes beitragen. Erfreulich ist außerdem, dass die Bezirksregierung erkannt hat, dass auch die Bürgermeister der betroffenen Kommunen beteiligt werden sollen. Auf die Einladung und die konkreten Termine freue ich mich."

Isselburgs Bürgermeister Rudolf Geukes will grundsätzlich "keine Zeit verlieren", wenn es darum geht, die Lage an der Issel sicherer zu machen. Auch will er sich im Katastrophenfall nicht fragen lassen müssen, was die Verantwortlichen denn dagegen unternommen hätten. "Wenn ein neuer Zweckverband gegründet werden soll, sind wir nun ein Stück weiter", sagte Geukes, für den nicht die Bezirksregierung Düsseldorf, sondern die in Münster zuständig ist. Die Kommunal-Agentur NRW sei jedenfalls "ein kompetentes Institut". Isselburg sieht aber auch die Frage der Finanzen. Laut Kämmerer Alexander Lin geht es allein für Vorhaben auf dem Gebiet Isselburgs um einen zweistelligen Millionenbetrag.

Auch vom Kreis Borken wird es begrüßt, dass die Kommunal-Agentur nun mitwirkt. "Das ist ein guter Weg. Die Kommunal-Agentur kann uns nur unterstützen", sagte Kreissprecherin Ellen Schlütter gestern auf Anfrage.

(RP)
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