Kommentar Hendricks kann nicht mehr helfen

Emmerich · Schon Kinder wissen: Mit einem großen Bruder in der Hinterhand lässt sich manche Auseinandersetzung im Freundeskreis eher zu eigenen Gunsten entscheiden. In der Politik ist es ähnlich. Nur heißt das dann Netzwerk. In Elten fehlt seit dieser Woche der Bürgerinitiative "Rettet den Elternberg" Barbara Hendricks.

Barbara Hendricks ist eine Politikerin, der die Menschen Vertrauen schenken und die sich einsetzt, wenn sie von der Richtigkeit des Anliegens überzeugt ist.

So auch in Elten. Die SPD-Bundestagsabgeordnete und bis vor wenigen Tagen noch Bundesumweltministerin hat sich dafür stark gemacht, dass die Gleisplanungen für Elten noch einmal überdacht und geändert werden.

Wir erinnern uns: Die Bahn möchte einen Teil des Eltener Berges abgraben, um Platz für das dritte Gleis zu schaffen, das den Güterverkehr auf der Strecke von Rotterdam nach Oberhausen aufnehmen soll.

Natürlich bleibt der Berg stehen, er wird auch nicht in seiner Grundstruktur verändert. Aber auch dieser Eingriff lässt sich verhindern. Wenn die Schienen anders gelegt werden, könnten dabei sogar Vorteile für Elten herausspringen. Sagt die BI "Rettet den Eltenberg".

Seit der CDU-Ratsherr und ehemalige Ingenieur in Diensten der Deutschen Bahn, Johannes ten Brink, seine Variante ins Spiel gebracht hat, läuft die Debatte darum. Das ist bereits seit einigen Jahren der Fall. Und immer wieder konnte man den Eindruck bekommen, dass zwar eine Menge möglich sein könnte, man dafür aber genügend Fürsprecher bräuchte.

Und die haben sich nach und nach verabschiedet.

Zunächst wechselte Ronald Pofalla aus Bundestag und Kanzleramt in den Vorstand der Bahn. Das war nicht nur für die Kreis Klever CDU ein herber Verlust, sondern auch für die Emmericher Politik. Pofalla prägte den Satz, dass es bei dem gigantischen Milliarden-Betuwe-Projekt auf ein paar Millionen, die die Anliegerstädte entlasten, nicht ankommen dürfe.

Gemeinsam mit Hendricks - die Beiden gönnten sich ansonsten politisch nur wenig - setzte er durch, dass es keine zusätzlichen finanziellen Belastungen für die Städte entlang der Strecke gibt. Das beinhaltete kein Wunschkonzert, aber Korrekturen der rigorosen Bahnpläne.

Doch Pofalla war schon nicht mehr zur Seite, als im vergangenen Jahr die NRW-Wähler die Landesminister von SPD und Grünen aus ihren Ämtern katapultierten - unter anderem die für die Ressorts Umwelt und Verkehr.

Da war dann nicht nur der große Bruder in Berlin weg, sondern auch noch die beiden kleineren in Düsseldorf. Auf wen also konnte sich die Bürgerinitiative noch verlassen in ihrem Kampf gegen Fachbehörden, Bahn und Ministerien? Richtig: Barbara Hendricks.

Aber jetzt ist sie keine Ministerin mehr. Und sie hat dem Emmericher Bürgermeister geschrieben, dass sie zwar die CDU-Abgeordneten für Kleve und Wesel für die Eltener Sache gewinnen wollte. Die hätten aber Gespräche mit den Emmerichern als "nicht zielführend" (Zitat Hendricks) erachtet.

Daraus lässt sich zweierlei schließen: Entweder sind die Eltener Pläne so utopisch, dass sich ein Einsatz dafür nicht lohnt. Oder die CDU-Abgeordneten wissen, dass ihr Einfluss in Berlin nicht reicht, um tatsächlichen Druck auszuüben und wollen von Anfang an keine falschen Hoffnungen wecken.

Das alles ist Spekulation. Die große Schwester war allerdings so ehrlich und hat den Emmerichern offen gesagt: Alle Behörden, alle Ämter und Ministerien und die Bahn halten eure Pläne für nicht durchführbar. Ich kann euch auch nicht mehr helfen.

Um herauszufinden, ob die von Johannes ten Brink erarbeitete Variante tatsächlich chancenlos ist, gibt es jetzt wohl nur noch einen einzigen Weg: Das muss jetzt ein Gericht entscheiden.

(RP)
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