Emmerich Folkerts kommt mit Blechtrommel

Emmerich · Der Klever Kulturherbst bietet 2017 nicht nur Kabarett und Comedy: Neben Paul Panzer, der Springmaus, "Dennis" und Abdelkarim kommt Ulrike Folkerts mit einer szenisch-musikalischen Lesung des Weltbestsellers von Günther Grass.

 Ulrike Folkerts tritt am 10. November mit einer szenischen Lesung in Kleve auf.

Ulrike Folkerts tritt am 10. November mit einer szenischen Lesung in Kleve auf.

Foto: Jorinda Gersina

Es ist einer der wohl berühmtesten ersten Sätze der jüngeren Literaturgeschichte: "Zugegeben, ich bin Insasse einer Heil- und Pflegeanstalt, mein Pfleger beobachtet mich, lässt mich kaum aus dem Auge; denn in der Tür ist ein Guckloch, und meines Pflegers Auge ist von jenem Braun, welches mich, den Blauäugigen, nicht durchschauen kann."

Es ist der Einstieg in ein Bild- wie wortgewaltiges Werk, der Einstieg in die Erzählung aus der Perspektive des kleinwüchsigen Oskar Matzerath. Der Roman um Matzerath "Die Blechtrommel" katapultierte den damals allenfalls Insidern bekannten Günther Grass direkt in die Spitze der Weltliteratur und war maßgeblich für den spät verliehenen Literaturnobelpreis ausschlaggebend. Günther Grass las 1958 die ersten Kapitel vor der versammelten "Gruppe 47" und "Autoren-Vater" Hans-Werner Richter. Der beschrieb den Autor, der auch gut habe zeichnen können, als verwegen: "Desperat wie ein bettelnder Zigeuner", so Richter in seinen Erinnerungen über die "Gruppe 47", zu der unter anderem Heinrich Böll, Martin Walser, Ingeborg Bachmann, Ilse Aichinger und auch Ingrid Bachér zählten. Günther Grass' Lesung auf der Tagung im "Adler" in Großholzleute war legendär.

Für den Kulturherbst in der Klever Stadthalle hat Kulturmanager Bruno Schmitz das Experiment gewagt, zur musikalischen Lesung mit ausgewählten Szenen aus der Blechtrommel einzuladen. Eine Lesung mit Schlagwerk - immerhin geht's um die Blechtrommel. Ulrike Folkerts, vor allem als Kommissarin Lena Odenthal bekannt, spricht den kleinen Oskar, Clemens von Ramin übernimmt die Rolle des Erzählers, Stefan Weinzierl untermalt die Texte mit Vibrafon und Perkussion.

"Der Schlagzeuger Stefan Weinzierl hatte die Idee zu dieser Vertonung. Natürlich ging es zunächst darum, dieses gewaltige Werk von Günter Grass in ein bühnenfähiges Format zu bringen. Unsere Fassung dauert knapp zwei Stunden, sie hat viel Power", sagt Folkerts in einem Interview. Und sieht zugleich sehr aktuelle Bezüge: "Es gibt in der Gesellschaft einen Ruck nach rechts, und wenn wir nicht aufpassen, werden es immer mehr. Grass beschreibt diese Entwicklung am Beispiel der 30er Jahre: Leute, die mitmachen - Leute, die wegschauen - Leute, die sich wehren."

Weinzierl hatte Günther Grass die Idee noch vorgestellt, bevor der Literaturpreisträger starb. Jetzt steht die Lesung, Folkerts und ihre Kollegen tingeln damit über die Bühnen der Republik: im Schräglicht die beiden Schauspieler, in der Mitte wie eine Burg die Instrumente des Perkussionisten. Man vertraut der Kraft des Wortes und der Intuition der Musik, der Vielfältigkeit des Schlagwerks, das der Hamburger Weinzierl auf die Bühne türmt. "Die Blechtrommel - szenische Lesung mit Schlagwerkmusik" gastiert am Freitag, 10. November, 20 Uhr. Vormerken!

Natürlich bedient Schmitz beim "Kulturherbst 2017 von Stadt Kleve und Kulturbüro Niederrhein" mit dem Programm auch das verwöhnte Klever Comedy- und Kabarett-Publikum. Mit der szenischen Lesung sind es fünf weitere Abende in der Stadthalle, denn Paul Panzer wird zum Auftakt gleich zweimal in Kleve gastieren: Am Freitag 22., und Samstag 23. September gibt der Komiker eine Preview für sein neues Programm "Glücksritter - vom Pech verfolgt". Paul Panzer spielt sonst nur in deutlich größeren Hallen als die vergleichsweise kleine in Kleve. Mit zwei Auftritten als Preview funktioniert das aber, freut sich Schmitz. Zumal Panzer aus alten Zeiten Kleve kennt. Es geht in seinem Programm um Sinn und Zweck des Seins, um die innere Mitte und die Frage, ob die Abwesenheit von Pech schon Glück ist.

Am Freitag, 29. September, gastiert die in Kleve bestens bekannte Springmaus mit dem neuen Programm "Jukebox - live". Dabei widmen sich die Springmäuse dem (Broad-)Way of Life der Anwesenden, sagt Schmitz. "Der Dennis" kommt am Sonntag, 8. Oktober, nach Kleve. Sein Programm "Ich seh voll reich aus!" erzählt nicht nur von seinem Lieblingstreffpunkt, der Tankstelle. Als "der Dennis" habe Komiker und Schauspieler Martin Klempow die Comedywelt in Sturm erobert, schwärmt Schmitz.

Den Abschluss am 13. Dezember macht der marokkanische Deutsche oder deutsche Marokkaner Abdelkarim, der es regelmäßig in die ZDF "heute-show" schafft.

(mgr)
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