Mariann Ludewig "Existenzgründung nicht in 14 Tagen"

Emmerich · Mit dem Gedanken, beruflich sein "eigenes Ding" zu machen, hat wohl fast jeder mal in seinem Leben gespielt. Doch wie kann der Schritt in die Selbstständigkeit gelingen? Antworten auf diese Frage hat Mariann Ludewig von der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg, Wesel, Kleve.

 Mariann Ludewig gibt Tipps zur Existenzgründung.

Mariann Ludewig gibt Tipps zur Existenzgründung.

Foto: IHK Duisburg

Sie und ihre Kollegen von der IHK-Existenzgründerberatung (Tel. 0203 28210; Mail: ludewig@niederrhein.ihk.de) haben pro Jahr Kontakt mit mehr als 4000 Interessenten.

Welchen typischen Fehler machen die meisten Gründungswilligen?

Mariann Ludewig Häufig wurde die Geschäftsidee nicht ausreichend auf ihre Marktfähigkeit hin überprüft

Und wie prüft man Ihrer Meinung nach die Marktfähigkeit?

Ludewig Man muss als Gründer eine ganz konkrete Zielgruppe im Auge haben und sich folgende Fragen stellen: Welchen konkreten Nutzen oder welchen Vorteil hat mein Kunde von meinem Angebot? Viele Ideen gibt es schon, und dank des Internets sind die Kunden darüber auch bestens informiert. Deswegen ist eine der ersten Fragestellungen für angehende Unternehmer: Wie unterscheide ich mich von der Konkurrenz?

Man hört immer wieder von Gründungswilligen, die gerne ihr Hobby zum Beruf machen würden, aber sich nicht vorstellen können, welches Wissen und welche Voraussetzungen nötig sind, um ein Unternehmen zu gründen.

Ludewig Wir erleben nicht selten, dass sich jemand beispielsweise mit einem Café selbstständig machen möchte, weil er privat gerne und gut backt. Dabei wird oft nicht bedacht, dass gutes Backen alleine nicht ausreicht, um erfolgreich zu arbeiten. Da muss die Wahl des Standortes stimmen und viele Vorschriften beachtet werden. Um nur zwei von vielen Faktoren zu nennen.

Was machen Sie mit Interessenten, die noch nicht einmal wissen, in welcher Branche Sie sich selbstständig machen wollen. Schicken Sie diese Leute nach Hause?

Ludewig Eine Geschäftsidee sollte schon da sein. Aber Ratsuchende, die sich erstmal grundsätzlich zum Thema Selbstständigkeit informieren möchten, schicken wir nicht nach Hause. Für sie ist unser kostenloses Existenzgründungsseminar interessant, in dem die wichtigsten Grundkenntnisse vermittelt werden. Den Gründungswilligen soll klar gemacht werden, was in einer Selbstständigkeit auf sie zukommt, welche Rechtsformen es gibt und wie man an Fördermittel kommt. Dann wird manchen klarer, ob eine Selbstständigkeit mit ihren Rahmenbedingungen überhaupt eine berufliche Alternative ist.

Oft fehlt das Geld für eine Gründung. Können Sie auch in solchen Fällen helfen?

Ludewig Grundsätzlich gilt: Ohne Moos nichts los. Man sollte schon über ein finanzielles Polster verfügen. Denn auch Förderbanken erwarten eine Eigenbeteiligung von 15 Prozent. Wir halten für unsere Gründer Infos zu Finanzierungsmöglichkeiten bereit.

Also jemand mit einer tollen Idee und ohne Geld hat keine Chance?

Ludewig Manchmal kann auch in solchen Fällen eine Lösung gefunden werden. Kleineren Gründungen mit einem Kapitalbedarf von bis zu 25.000 Euro. In solchen Fällen hilft das NRW-EU-Mikrodarlehen, das über die Startercenter NRW, zu denen auch wir gehören, beantragt werden kann. Die Konzepte der Antragstelle werden dabei aber auch ganz intensiv geprüft.

Wie sollte man Ihrer Meinung nach bei einer Gründung vorgehen?

Ludewig Sich für einen Gründernachmittag anmelden, um abzuklären, ob der Schritt in die Selbstständigkeit eine berufliche Alternative sein kann. Anschließend sollte man an einem Businessplan arbeiten.

Können Sie bei der Aufstellung des Plans behilflich sein?

Ludewig Helfen ja, aber wir nehmen dem Gründer diese Arbeit nicht ab, können ihm aber Tipps und Instrumente an die Hand geben und anbieten, den Plan zu prüfen: Wo gibt es Schwachstellen? An was wurde noch nicht ausreichend gedacht? Kann man den Businessplan so wirklich bei einer Bank vorlegen?

Nicht wenige Gründungen scheitern bereits nach kurzer Zeit. Wissen Sie, warum?

Ludewig Da gibt es ganz unterschiedliche Gründe. Eine Existenzgründung ist eher ein langfristiges Projekt und kann nicht in 14 Tagen vorbereitet werden. Viele werden gerade in der Anfangsphase mit unerwarteten Sachverhalten und Erlaubnispflichten konfrontiert. Sie mieten bereits ein Ladenlokal und stellen dann fest, dass sie verschiedene Voraussetzungen nicht erfüllen. Das Problem ist, dass Fehler, die in der Gründungsphase gemacht werden, später nur schwer korrigiert werden können. Das ist wie beim Hausbau: Auch da muss das Fundament stimmen. Mein Tipp: Wenn möglich, sollte man nebenberuflich ausprobieren, ob man mit seinem Konzept am Markt erfolgreich sein kann.

Gibt es derzeit einen Bereich, in dem sich besonders viele Menschen selbstständig machen wollen? Ein Trend?

Ludewig Nein. Die letzten Trends waren, sich in der Gastronomie mit veganer Kost, mit einem Food-Truck oder mit der Zubereitung von Edel-Burgern selbstständig zu machen.

Haben Sie selbst schon mal daran gedacht, einmal Unternehmerin zu werden.

Ludewig Da man sich in dem Bereich selbstständig machen sollte, den man kennt, in dem man Erfahrung gesammelt hat und das Kaufverhalten der Kunden kennt, wäre für mich nur der Unternehmensberatungsbereich in Frage gekommen. Und weil es dort sehr viel Konkurrenz gibt, kann ich die Frage klar mit Nein beantworten.

KLAUS NIKOLEI FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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