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Rees Ein Stolperstein für Gerhard Storm

Rees · In Gedenken an den ehemaligen Kaplan aus Haldern, der vor 75 Jahren durch die Gestapo verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau überstellt worden war, wurde jetzt in Birkenfeld (Hunsrück) ein Gedenkstein verlegt.

 Der Stolperstein für Gerhard Storm aus der Nähe.

Der Stolperstein für Gerhard Storm aus der Nähe.

Foto: Gollnick

Über Stolpersteine stolpert man nicht physisch, sondern mental und emotional, wie es der Kölner Künstler Gunter Demnig bei seinem Vortrag in Birkenfeld (Hunsrück) anlässlich der Verlegung von Stolpersteinen ausdrückte. Um sie zu lesen, neigt man sich zu ihnen hinab, man verneigt sich gleichsam vor diesen Opfern der NS-Terrorherrschaft. Damit erhalten die Opfer einen Namen, werden der Anonymität entrissen und sind als Mitbürger der Stadt, als "Menschen von nebenan" erkennbar.

 Das alte Gymnasium von Birkenfeld. Vor dem Portal liegt der Stolperstein.

Das alte Gymnasium von Birkenfeld. Vor dem Portal liegt der Stolperstein.

Foto: Gollnick

Die Stadt Birkenfeld im Hunsrück erinnerte jetzt mit einer Verlegung von Stolpersteinen an die Opfer des NS-Terrors. Zunächst ehrte man jüdische Bewohnerinnen der Stadt mit dieser Gedächtniskultur, darüber hinaus aber auch den ehemaligen Emmericher Kaplan Gerhard Storm, der vor 75 Jahren, am 15. Mai 1942, durch die Gestapo verhaftet und dann ins Konzentrationslager Dachau überstellt worden war, wo er am 20. August 1942 starb. Geboren wurde er am 1. April 1888 in Sonsfeld bei Haldern.

Wie kommt ein Niederrheiner in den Hunsrück, wo man sich seiner noch heute erinnert? Storm musste aufgrund der Bismarck'schen Kulturkampfgesetze das Venloer Dominikanergymnasium verlassen und sich nach Birkenfeld begeben, um ein deutsches Abitur ablegen zu können, das dann allgemein anerkannt wurde. Birkenfeld gehörte zum liberalen und toleranten Herzogtum Oldenburg, das die "Schulflüchtlinge" aufnahm, denn der Herzog akzeptierte nicht alle restriktiven preußischen Regularien. So besuchte Gerhard Storm die gymnasiale Oberstufe von 1907 bis 1909 in Birkenfeld an der Nahe und wohnte in einer Art Konvikt, das die Dominikaner hier eingerichtet hatten.

Seine dreijährige Oberstufenzeit am Birkenfelder Gymnasium haben ihn sicherlich auch dazu motiviert, als Abitur-Berufswunsch "Journalist" anzugeben. Diesem Wunsch ist Storm letztlich treu geblieben, auch wenn er katholischer Geistlicher wurde. Storm hat bereits vor der "Machtergreifung" vor der NSDAP gewarnt, ist mit seinen Jugendgruppen während der Weimarer Republik in die verschiedenen Wahlversammlungen gegangen und hat mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Programme und Argumentationen diskutiert, wie Beteiligte berichteten.

Als Redakteur der Kirchenzeitung hat er ein deutschlandweites redaktionelles Netzwerk aufgebaut und in der NS-Zeit immer wieder über brisante politische Ereignisse berichtet, so dass er schließlich Schreib- und Berufsverbot erhielt. Er wurde nie "ordentlicher" Pfarrer (kein Pfarrer-Examen), sondern blieb immer Ethik- und Religionslehrer an Schulen und Redakteur - ein "politischer Jugendseelsorger", der sich einmischte. Aus Vorsichtsmaßnahme seitens des Münsteraner Bischofs wurde er zuletzt als Kaplan an St. Aldegundis geführt. Warum er so spät verhaftet wurde, ist nicht zu klären, denn er unterlag immer wieder der Beobachtung und Bespitzelung durch Polizei und Gestapo.

Diesen beharrlichen Einsatz Storms gegen das Unrechtsregime, den er mit dem Leben bezahlte, motivierte die Stadt Birkenfeld, Storms mit einem Stolperstein vor seinem alten Gymnasium zu gedenken und Schüler heute zum Einsatz gegen den Extremismus zu mahnen.

(RP)
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