Analyse Der BGE-Häuptling am Marterpfahl

Emmerich · In einer denkwürdigen Veranstaltung haben die Mitglieder der Bürgergemeinschaft Emmerich den Mann isoliert, der ihren Verein und ihre Fraktion führt: Gerd Bartels. Der ist erstaunlich schmerzfrei und wird so schnell wohl nicht aufgeben.

 40 BGE-Mitglieder waren am Mittwochabend anwesend. Niemand fand sich, der mit Gerd Bartels (stehend) den Vorstand des Vereins bilden wollte.

40 BGE-Mitglieder waren am Mittwochabend anwesend. Niemand fand sich, der mit Gerd Bartels (stehend) den Vorstand des Vereins bilden wollte.

Foto: Klaus-Dieter Stade

Was macht eigentlich ein Vorsitzender, dem seine Mitglieder in Mehrheit die Gefolgschaft verweigern? Mehr noch: die ihn öffentlich demütigen, ihm zu verstehen geben, dass sie seine Amtsführung ablehnen, nicht unter seiner Ägide arbeiten wollen.

Eigentlich könnte dieser Vorsitzende das Handtuch werfen, diesen Leuten mitteilen, dass sie ihren Kram gefälligst ohne ihn machen sollen und er seine Zeit mit schöneren Dingen und netteren Menschen verbringen möchte.

Aber genau das geschieht in einem sehr speziellen Emmericher Debattierclub derzeit nicht. Sie wissen, um wen es geht: die Bürgergemeinschaft Emmerich (BGE).

Der politische Verein legte am Mittwochabend eine Mitgliederversammlung hin, die mancher Partei-Ortsverein vermutlich nicht überlebt hätte.

Die Mitglieder der BGE-Fraktion zum Beispiel unternahmen erst gar nicht den Versuch, den Anwesenden zu zeigen, dass sie im Emmericher Rat in der Lage wären, gemeinsam Politik zu machen. Die Akteure lehnen sich gegenseitig schlichtweg ab. Und das ist angesichts der Läutstärke ihrer Redebeiträge eine vorsichtige Umschreibung...

Üblicherweise könnte in so einem Fall die Basis ihre Leute zurechtweisen und sie an ihre Pflichten erinnern. Doch bei der BGE ist der Vorsitzende zugleich auch der Chef der Fraktion, steckt also mitten drin. Zu behaupten, Gerd Bartels säße deshalb zwischen allen Stühlen, hieße, das falsche Bild zu verwenden. Richtig muss es heißen: Der Mann steht am Marterpfahl, gepiesackt von den eigenen Indianern. Er ist so etwas wie ein Häuptling, der von seinem Stamm gefangen genommen worden ist. Und dem die Stammesältesten längst Pfeil und Bogen weggenommen haben. Sie wollen einen neuen Häuptling: Joachim Sigmund.

Gerd Bartels muss man in diesen Tagen eine beeindruckende Schmerzfreiheit attestieren. Anscheinend ungerührt steckte er am Mittwochabend alle Angriffe weg. Trotz der feindseligen Atmosphäre erklärte er, er werde den Fraktionsvorsitz erst dann abgeben, wenn die jungen Leute an die politische Arbeit herangeführt worden seien. Und das könne Jahre dauern.

Das ist eine mutige Ansage. Allerdings auch eine unrealistische. Denn es gab auf der Versammlung erkennbar nur seinen Fraktionskollegen André Spiertz, der ihm zur Seite stand. Ansonsten verweigerte ihm die Runde alles: Anerkennung, Unterstützung, Personal für den Vorstand. Niemand (!) wollte in einem neuen Gremium unter Bartels mitarbeiten. Die BGE hat deshalb keinen Kassierer, keinen Schriftführer, keinen zweiten Vorsitzenden. Nur Kassenprüferin Sonja Guliker. Und sie wird Röntgenblicke auf die Vereinskasse werfen. Fehlt auch nur der kleinste Beleg, gibt's Ärger. Vorgeschlagen worden war sie von Gudrun Beckschaefer. Es ist kein Geheimnis, dass diese und ihr Ehemann Christian als wichtigste Personen in der BGE keine allzu hohe Meinung von Bartels haben.

Die Bürgergemeinschaft Emmerich muss, weil ihr Vorstandsmitglieder fehlen, in einer gesonderten Versammlung bald noch einmal über eine Führungsriege abstimmen. Die Marter für Gerd Bartels geht also weiter.

Aber Indianer kennen ja bekanntlich keinen Schmerz.

(ha)
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