Rees Das wichtigste Fest in der Orthodoxie

Rees · Anette Brüderle sammelt religiöse Kunst, darunter mehrere Hundert Ostereier aus aller Herren Länder. Besonders stolz ist die Haldenerin auf ihre Pysanky, filigran verzierte Eier aus der Ukraine.

 Oben: Eines von Anette Brüderles Lieblingsstücken ist die aus Holz gebaute "Häschenschule" aus dem gleichnamigen Kinderbuchklassiker von 1924. Unten: Neben russischen Ostereiern aus Holz und Pappmaché besitzt sie viele hundert weitere Eier aus verschiedenen Materialien.

Oben: Eines von Anette Brüderles Lieblingsstücken ist die aus Holz gebaute "Häschenschule" aus dem gleichnamigen Kinderbuchklassiker von 1924. Unten: Neben russischen Ostereiern aus Holz und Pappmaché besitzt sie viele hundert weitere Eier aus verschiedenen Materialien.

Foto: Scholten

"Ostern ist das wichtigste Fest in der Orthodoxie", sagt Anette Brüderle. In ihrer Ikonen-Sammlung sind Christi Höllenfahrt und Auferstehung mehrfach vertreten. "Für uns im Westen ist Weihnachten das Freudenfest schlechthin, weil Gottes Sohn geboren wurde - doch in der Orthodoxie ist Ostern viel wichtiger, weil Jesus den Tod überwunden hat", weiß die Haldernerin, die insbesondere religiöse Kunst sammelt.

Dass der Messias auf den Oster-Ikonen stets einen "eiförmigen Heiligenschein" hat, der den gesamten Körper umgibt, die sogenannte Mandorla, wundert Anette Brüderle nicht: "Das Ei ist das Symbol des Lebens, der Fruchtbarkeit und des Erblühens. In Russland schenkt man Angehörigen, Freunden und Nachbarn zu Ostern ein Ei." Traditionell ist das rot gefärbt. "Rot steht für das Leben und das Blut Christi." Meistens werden Eier während der Fastenzeit gefärbt und zu Ostern in der Kirche gesegnet. Die liebsten Exemplare kommen in die "schöne Ecke" des Hauses, in der auch die Ikonen aufgestellt sind.

Neben russischen Ostereiern aus Holz und Pappmaché besitzt Anette Brüderle viele hundert weitere Eier aus verschiedenen Materialien, zum Beispiel aus Halbedelsteinen, Porzellan, Filz, ummanteltem Styropor oder Metall. Sie stammen von allen Kontinenten, sind Mitbringsel von Reisen oder Fundstücke aus Dritte-Welt-Läden und Online-Shops.

Besonders stolz ist die Haldernerin auf zirka 200 Eier, die sie vor mehr als 30 Jahren in Emmerich gekauft hat: "Damals lebten im Landhaus zwei Ukrainerinnen vom Orden der Studitinnen, die aus ihrer Heimat ein ganz besonderes Kunsthandwerk mitgebracht hatten." Pysanky heißen die filigran verzierten Ostereier, abgeleitet vom ukrainischen Wort "Pysaty" für "Schreiben". Die sorgfältig ausgeblasenen und gesäuberten Hühner- oder Gänseeier werden in der Ukraine nämlich nicht bemalt, sondern beschrieben. Dazu werden mit einem Drahtstück oder einem gut angespitzten Federkiel feinste Wachslinien auf alle Stellen der Schale aufgetragen, die nicht gefärbt werden sollen. Zuerst wird alles, was weiß bleiben soll, mit Wachs beschrieben. Dann wird das Ei in gelbe Farbe getaucht. Alle Stellen, die gelb bleiben sollen, werden dann wieder mit Wachs bedeckt. In jedem weiteren Schritt wird der Farbton dunkler, von Gelb über Orange und Rot bis Grün und schließlich Schwarz. Erst dann wird das Ei in die Nähe einer Kerzenflamme gehalten, damit die Wachsschicht schmilzt und die vielen Muster und Symbole auf den Pysanky sichtbar werden.

"Je nach Schönheit und Arbeitsaufwand haben die Studitinnen ihre Pysanky damals für fünf bis 30 Mark verkauft und damit ihr Leben in Emmerich finanziert", sagt Anette Brüderle. "Später sind die beiden Nonnen dann nach Kanada ausgewandert, wo viele Ukrainer leben und ihre Kultur hochhalten. Es gibt dort sogar ein Pysanky-Museum."

Wenn die Familie über Ostern zu Besuch kommt, dekoriert Anette Brüderle ihr Haus nicht nur mit Ostereiern aus aller Welt, sondern auch mit historischen Holzfigürchen aus dem Erzgebirge.

Während der Weihnachtsschmuck aus dieser Region weltbekannt ist, ist die dortige österliche Volkskunst international nicht so verbreitet. Zu Unrecht, findet Anette Brüderle: "Es gibt sehr schöne Kinderfiguren, die überdimensionale Blumen tragen, oder Osterhasen in allen Variationen. Im Internet werden die bis zu 100 Jahre alten Werke zu hohen Preisen gehandelt."

Eines ihrer Lieblingsstücke ist die aus Holz gebaute "Häschenschule" aus dem gleichnamigen Kinderbuchklassiker von 1924. An der hatten einst nicht nur Brüderles Kinder ihre Freude, sondern später auch die Enkelinnen und nun der Urenkel.

(RP)
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