Emmerich Das Museum Moyland lässt Blumen sprechen

Emmerich · Das Museum bleibt dem Natur-Thema treu: Die neue Sommerausstellung schwelgt mit 75 Werken von 38 Künstlern in der Pracht von Blumen und fragt auch nach der Vergänglichkeit.

 Die Kunststoffrosen Ottmar Hörls, verteilt nach dem Zufallsprinzip, stimmen auf die Sommerausstellung in Moyland ein.

Die Kunststoffrosen Ottmar Hörls, verteilt nach dem Zufallsprinzip, stimmen auf die Sommerausstellung in Moyland ein.

Foto: Klaus-Dieter Stade

Rote Rosen leuchten auf dem Rund des Kutschenrondells. 100 dicke volle rote Blüten, dazwischen ein paar schwarze. Groß wie Eimer sind die Blumen, die dort ebenso so schön wie irgendwie falsch auf der Wiese verstreut sind, ohne Stängel, nur die Blüte. Sie sind einfach da, nur für sich, barock in ihrer Sattheit und für das Hier und Jetzt. Ottmar Hörl hat die Kunststoffblüten geschaffen. Sie stimmen auf die Sommerausstellung in Moyland ein: "Lasst Blumen sprechen!" Es geht um "Blumen und künstliche Natur seit 1960", wie der Untertitel verrät. Blumen in all ihrer Pracht, in ihrer Vergänglichkeit, in ihrer Farbigkeit, Schönheit, Lieblichkeit, nicht zuletzt in ihrer Künstlichkeit.

Oder mit einer Wucht, die man nicht bei einem solchen Thema vermuten würde: Im Video der Schweizerin Pipilotta Rist tänzelt lächelnd eine hübsche Maid mit einem überdimensionalen Blumenstängel durch eine zugeparkte Straße, um brutal mit dem Blumenstängel die Fahrzeuge zu zertrümmern.

"Laßt Blumen sprechen" hatte Beuys 1974 auf eine Postkarte geschrieben und diese zum berühmten Multiple gemacht - das titelgebende Kunstwerk fehlt natürlich nicht in der Ausstellung. Und weil's bei Beuys ohne die Rose nicht geht, begrüßt den Besucher in der großen Ausstellungshalle dessen "Rose für die direkte Demokratie" zusammen mit ein paar wunderbaren Beuys-Blumen-Zeichnungen aus dem Fundus des Museums. Moyland bindet seinen wichtigsten Künstler in Ausstellungen trefflich ein. Zum Thema Blumen versammelt das Museum 75 Arbeiten von 38 Künstlern.

"Blumen sind ein Urthema der Kunst: Als Erscheinungsform von Schönheit, vielschichtiges Symbol und Sinnbild für Vergänglichkeit", sagt Museumsdirektorin Bettina Paust. 1960 hatte Warhol die Blume für die Kunst wiederentdeckt. Die Pop-Art-Ikone steht mit einer Druckserie am Ausgangspunkt eines Rundgangs durch die blumigen Stillleben moderner Kunst. Da ist der Klassiker "Strauß in der Vase" - A.R. Penck hat ihn mit blauer Vase vor ein Gitterfenster gesetzt. Georg Baselitz Fliederstrauß steht Kopf und die Blume von Alex Katz überraschen mit einem faszinierenden Blau. Gerhard Richters "Blume" aus dem Jahr 1977 leuchtet in weichem Rot, Immendorfs gelbe Blüte ist "Für allen Lieben in der Welt".

Aber die Ausstellung verweilt nicht allein im ästhetisch Schönen: "Was verstehen wir unter Natur angesichts von Gentechnik und stetig wachsenden Möglichkeiten, Natur im Labor zu produzieren? Auch die Kunst reflektiert zunehmend Fragen, die aus der Technisierung der Umwelt und dem damit einhergehenden Verlust von Natur resultieren", sagt Paust und schlägt ein weiteres Kapitel der Ausstellung auf, dem ein Flügel im Schloss gehört.

Die Amerikanerin Alexandra Toland, die an der TU Berlin zu Bodenkunde, Umweltplanung und Ökologie forscht, hat für die Ausstellung ein Labor als "Forschungsbericht aus der künstlerischen Ökologie" installiert. Und schuf nach alten Vorbildern botanische Zeichnungen. Nur dass ihre Tinte aus Straßenstaub stammt, der sich auf den Blumen längs der Wege gesammelt hat. Im Katalog bindet Moyland auch den Wissenschaftler Prof. Jens Gebauer, Vizepräsident Hochschule Rhein-Waal, ein. Er erklärt, "wie Blumen zu uns reden", mahnt, wie letztlich die Bilder der Künstler, zum sorgsamen Umgang mit der Natur.

(RP)
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