Himmel Und Erde Das Kreuz auf Golgatha war der Schlüssel zum Grab

Emmerich · Gegensätzlicher könnten die Meldungen dieser Tage nicht sein. Die Anschläge auf koptische Christen in Ägypten in den Städten Tanta und Alexandria erschüttern uns. Die Attentate in Petersburg und Stockholm bestürzen uns. Das unsägliche Leiden der Menschen in Syrien, im Kongo, im Sudan und an unzähligen anderen Orten der Welt bewegt uns zutiefst. Zugleich erscheint eine große regionale Zeitung zu Beginn der Karwoche mit dem Bericht über die geöffneten Outlet Center in Venlo, die sich auf einen immensen Besucheransturm am Karfreitag einrichten. Flieht der moderne Mensch vor dem Leid, das so allgegenwärtig ist und mittlerweile jeden unserer Lebensbereiche berührt? Haben wir genug von Trauer und Tod und möchten uns radikal dem Leben und seinen Angeboten zuwenden? Wahr ist, dass immer weniger Menschen etwas mit dem Sinn der Karwoche anfangen können. Zu düster, zu still, zu einschränkend werden diese Tage vor dem Osterfest empfunden. Die "Berliner Zeitung" berichtet, dass trotz des offiziellen Tanzverbots an Karfreitag viele Berliner nicht auf Partys verzichten. Im Bezirk Mitte werde das geltende Tanzverbot in Clubs und Kneipen vom Ordnungsamt nicht so streng kontrolliert, teilte jetzt eine Sprecherin des Bezirksamts mit. Der Hunger nach Leben ist verständlich und er entspricht ja auch dem christlichen Glauben.

Himmel Und Erde: Das Kreuz auf Golgatha war der Schlüssel zum Grab
Foto: Malz Ekkehart

"Ich bin das Leben", sagt Jesus von sich selber. Wahres, erfülltes Leben, das den lebensfeindlichen Mächten dieser Welt die Lebenszusage Gottes entgegenhält. Wahr ist aber auch, dass das eine nicht ohne das andere zu haben ist. Wer vor dem Tod flieht, flieht in Wahrheit vor dem Leben in Fülle. Das Leben ist immer auch beides: Lob und Klage, Freude und Leid, Lachen und Weinen. Als Jesus in der Nacht seiner Gefangennahme im Garten Gethsemane seine Jünger bittet, mit ihm in der Not und Todesangst zu wachen, findet er sie stattdessen immer wieder schlafend vor. "Könnt ihr nicht eine Stunde mit mir wachen?", fragt er seine Jünger dreimal. "Könnt ihr nicht diesen einen Tag mit mir aushalten?", würde Jesus die Menschen vielleicht heute fragen, wenn er unser Verhalten am Karfreitag sieht.

Die Fülle des Lebens erschließt sich dem, der vor dem Leid, dem Bösen, der Anfechtung nicht flieht. Sondern sich genau diesen Herausforderungen stellt und mit und durch sie hindurch zum Leben Gottes kommt.

Karfreitag hat die Tür des Lebens weit aufgestoßen, so anstößig und verstörend sich das auch anhören muss. Das Kreuz auf Golgatha war der Schlüssel zum leeren Grab am Ostermorgen.

Wir retten die Welt und uns nicht, wenn wir wegsehen, weglaufen und den Skandal des Kreuzes Jesu und der vielen Kreuze unserer Tage wegtanzen und wegshoppen wollen. Wer sich aber auf diese Tage einlässt, der spürt, wie sich der Tod zum Leben wandelt.

THOMAS BRÖDENFELD

(RP)
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