Emmerich Das Haus der verlorenen Kinder-Seelen

Emmerich · Kinder- und Jugendtheater mini-art stellt Spielplan für die erste Hälfte 2016 vor und wagt einen Blick auf die neue Premiere im Herbst.

 Sjef van der Linden und Crischa Ohler arbeiten an einem Stück über Euthanasie an Kindern, das im Herbst Premiere haben soll.

Sjef van der Linden und Crischa Ohler arbeiten an einem Stück über Euthanasie an Kindern, das im Herbst Premiere haben soll.

Foto: Gottfried Evers

Die Gefühle, die sie mit ihrem Euthanasie-Stück "Ännes letzte Reise" aufwühlten, lassen sie nicht los. In "Änne" erzählen Crischa Ohler und Sjef van der Linden als Theater mini-art die berührende wie tieftragische, in Teilen dokumentarische Geschichte einer jungen Patientin aus der Psychiatrie, die am 6. März 1940 nach Grafeneck abtransportiert und dort ermordet wurde.

Das mit Preisen ausgezeichnete Stück führten die beiden Theatermacher aus Bedburg-Hau bundesweit auf, unter anderem in Berlin oder im NS-KdF-Monsterbau Prora auf Rügen. In Kürze werden sie nach Konstanz am Bodensee reisen, wo sie "Änne" im Rahmen einer Stolperstein-Aktion zeigen. "Das Stück zu spielen, ist unbedingt notwendig", sagt Sjef van der Linden.

Notwendig, wie ihr neues Thema: Zurzeit arbeiten die beiden an einem Stück über Kinder-Euthanasie, das im Herbst Premiere feiern soll. Auch hier wird der Hintergrund dokumentarischen Charakter haben: In Waldniel wurden nachweislich 99 Kinder von NS-Ärzten getötet. "Es ist erschreckend, dass diese Ärzte später, nach dem Krieg, weiter praktiziert haben", sagte van der Linden gestern bei der Vorstellung des neuen Theaterplans. Und Ohler fügt an: "Genauso erschreckend ist es, wie sehr sich Menschen von Ideologien und gesellschaftlichen Strömungen verleiten lassen." Der Tatort sei ein heute verfallendes Kloster gewesen, ein dunkler, spätgotischer Backsteinbau wie "Marie Roepan" hinter der Grenze bei Gennep. Zynisch: Die Kinder waren im "Schutzengel"-Haus untergebracht. Dort, wo sich zuvor Franzikaner-Patres um die kleinen Menschen gekümmert haben, sagt Ohler. Die beiden Theatermacher überlegen, um dieses Haus der verlorenen Kinder-Seelen herum ihr Stück zu konzipieren.

"Es ist gruselig dort. Das ist eine Geschichte, die uns verfolgt, die wir aufarbeiten wollen", sagt Crischa Ohler. Man experimentiert, wie man die grausame Geschichte von der Ermordung behinderter oder zurückgebliebener kleinen Menschen in Bilder umsetzen, wie man den Stoff auf die Bühne bringen kann. Mit ins Boot soll die Bühnenbildnerin vom Stück "Der Prinz, der auszog . . .". "Es wird kein ,Änne 2' werden", sagt van der Linden mit Bestimmtheit. Wie auch immer: Man darf Ende 2016 wieder ein großes Stück von dem kleinen Theater erwarten. Ein Theater, das nur lebt, weil es mit öffentlichen Mitteln von Land und Landschaftsverband gefördert wird, weil es viele Unterstützer hat, wie seinen Freundeskreis oder die Gemeinde Bedburg-Hau. Mit Blick auf die Premiere im Herbst stehen in der ersten Jahreshälfte (gerngesehene) Wiederaufnahmen auf dem Programm: Oskar und die Dame in Rosa Die letzten Briefe eines todkranken Kindes rühren voller Poesie und Humor: Freitag, 29. Januar, 10 Uhr, Schulvorstellung; Samstag, 30. Januar, 19.30 Uhr, Abendvorstellung Vom Prinzen, der auszog, die Liebe zu finden Das traumhafte Stück für den Valentinstag: Samstag, 14. Februar, 16 Uhr, Familienvorstellung; Montag, 15. Februar, 10 Uhr, Schulvorstellung Ännes letzte Reise Zum Gedenken an den Patiententransport: Samstag, 5. März. 19.30 Uhr, Familienvorstellung; Montag, 7. März, 10 Uhr, Schulvorstellung Rosenbergvariationen Über das Verhältnis von Niederländern und Deutschen: Freitag, 29. April, und Montag, 2. Mai, jeweils 10 Uhr, Schulvorstellungen; Samstag, 30. April, und Mittwoch, 4. Mai, jeweils 19.30 Uhr Mein Vater Die Geschichte vom Wunsch-Vater nach Ton Tellegen: Freitag, 20. Mai, und Montag, 23. Mai, 10 Uhr, Schulvorstellungen; am Sonntag, 22. Mai, 16 Uhr, Familienvorstellung

Theater mini-art, Brückenweg 5, Bedburg-Hau, Ruf 02821 811570.

(RP)
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