Kommentar Das geht jetzt wohl bis 2020 so weiter

Emmerich · An der Macht, aber machtlos: Die SPD stellt zwar den Bürgermeister. Aber sie regiert nicht. CDU und BGE sagen, wo's langgeht. Und die Christdemokraten wollen sich auch das Rathaus zurückholen.

In Nordrhein-Westfalen entscheiden die Menschen erst im Jahr 2020, wer in ihrer Stadt im Rat sitzt und wer Bürgermeister sein soll. Das ist noch viel Zeit.

Doch der Kampf um das höchste Amt hat in Emmerich in dieser Woche begonnen. Die Wahl des Zweiten Beigeordneten Stephan Wedding war der Startschuss.

Der junge Mann mit Verbindungen zur CDU hat in allen Vorstellungsrunden eine gute Figur gemacht. Zumindest finden ihn diejenigen klasse, die ihn als Hoffnungsträger sehen, der in drei Jahren gegen SPD-Bürgermeister Peter Hinze antreten könnte. Und deswegen haben sie ihn durchgedrückt. Sie haben dabei in Kauf genommen, dass es danach für Jahre weder im Rathaus noch im Rat ein konstruktives Miteinander über Parteigrenzen hinweg geben könnte.

Denn bei der SPD schrillen die Alarmglocken. Wedding ist Fraktionsvorsitzender einer jungen politischen Gruppierung in Duisburg, hat also schon politische Erfahrungen. Er hat eine akademische Ausbildung, ist gleichzeitig Karnevalist und Schütze. Das heißt: Er ist gebildet und volksnah zugleich.

Und in drei Jahren hätte er als Beigeordneter im Rathaus alle notwendigen Kenntnisse erworben, um es auch als Bürgermeister führen zu können. Gegen dieses Kalkül der Emmericher CDU ist nichts einzuwenden. Das ist Politik.

Aber erfüllt Wedding wirklich alle fachlichen Bedingungen, die an die Stellenbesetzung geknüpft sind?

Dass Bürgermeister Peter Hinze diese Frage vom Landrat überprüfen lassen will, ist legitim. Ergeben sich für ihn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens, hat er sogar die Pflicht, den Beschluss des Rates zu beanstanden.

Allerdings hat die Emmericher SPD schon zuvor dem Kandidaten Wedding öffentlich die Befähigung zum Amt abgesprochen. Sie schickte einen Tag vor der Wahl eine entsprechende Pressemitteilung. Tenor: Niemand der 20 Kandidaten sei geeignet gewesen. Das ganze Verfahren müsse neu aufgerollt werden.

Ob dahinter Sorgen um den Fachbereich im Rathaus steckte oder ein letzter Versuch, die Mehrheit von CDU, BGE und UWE-Fraktion zu kippen - der Schuss ging nach hinten los. Denn alles, was (SPD-)Bürgermeister Peter Hinze danach tat oder tun musste, erschien zwangsläufig in einem für ihn ungünstigen Licht. Seine Beanstandung des Ratsbeschlusses wirkt nun so, als würde er sein Amt dafür nutzen wollen, einen möglichen Konkurrenten drei Jahre vor der Wahl aus dem Weg zu räumen.

Und vergessen wir bei der ganzen Emmericher Nabelschau nicht den jungen Mann aus Duisburg, der sich mit 32 Jahren um eine berufliche Chance bemüht und nun eine öffentliche Debatte über seine Qualifikationen über sich ergehen lassen muss.

Man mag sagen, dass er als Bewerber für den Posten eines Wahlbeamten mit Diskussionen rechnen muss. Allerdings hatte er vermutlich nicht um die überdrehte Emmericher Variante solcher Auseinandersetzungen gewusst.

Übrigens: Sollte er in wenigen Wochen seine Ernennungsurkunde erhalten, wird die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Schaffeld ihm wohl die Hand geben und eine gute Zusammenarbeit versprechen müssen - trotz allem. Denn sie wird ihn wiedersehen.

Dann aber nicht als SPD-Chefin im Rat, sondern als Leiterin des Theodor-Brauer-Hauses in Emmerich. Das arbeitet mit der Stadtverwaltung zusammen, damit Ausbildungsprojekte gelingen. Und wer sitzt im Rathaus an dem Schreibtisch, über den diese Sachen gehen? Richtig: der neue Zweite Beigeordnete Stephan Wedding.

Auch aus diesem Umstand ließe sich ein Motiv der SPD ablesen.

(RP)
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