Rees Ärger um ein Flüchtlingshaus

Rees · Eigentlich sollte das Haus am Grüttweg abgerissen werden, um Parkraum zu schaffen. Doch jetzt sollen dort Flüchtlinge einziehen. Das bringt den ehemaligen Mieter auf den Plan. Auch der Reha-Bereich des Krankenhauses steht im Fokus.

 Das Haus am Grüttweg, das den Stadtwerken gehört und das ein Mieter im November 2014 gegen seinen Willen verlassen musste, weil es abgerissen werden sollte, bleibt nun doch stehen und wird zur Unterbringung von Asylbewerbern genutzt.

Das Haus am Grüttweg, das den Stadtwerken gehört und das ein Mieter im November 2014 gegen seinen Willen verlassen musste, weil es abgerissen werden sollte, bleibt nun doch stehen und wird zur Unterbringung von Asylbewerbern genutzt.

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Der Ärger und die Enttäuschung des Familienvaters waren aus jeder Zeile zu lesen. In der Facebook-Gruppe "Du bist Reeser" veröffentlichte er am Montagabend, was er kurz zuvor über Anwohner erfahren hatte: Das Haus am Grüttweg, das den Stadtwerken gehört und das er und seine Familie im November 2014 gegen ihren Willen verlassen mussten, weil es abgerissen werden sollte, bleibt nun doch stehen und wird zur Unterbringung von Asylbewerbern genutzt. Der Facebook-Eintrag und die lange, nicht immer sachliche Diskussion des Themas, wurden inzwischen vom Administrator der Seite gelöscht.

Auch eine Umwandlung des Reha-Bereiches im ehemaligen Reeser Krankenhaus in Wohnraum für Flüchtlinge wird diskutiert.

Auch eine Umwandlung des Reha-Bereiches im ehemaligen Reeser Krankenhaus in Wohnraum für Flüchtlinge wird diskutiert.

Foto: Scholten/RP-Archiv: Breuer

Stadtsprecher Jörn Franken bestätigt auf Anfrage der Rheinischen Post, dass das Einfamilienhaus am Grüttweg derzeit für den Einzug einer achtköpfigen Familie vorbereitet wird. Sie werde in dem freistehenden Haus "bis auf weiteres" wohnen. Zugleich betonte Franken, dass das betreffende Haus nicht für die Unterbringung von Asylbewerbern vorgesehen war, sondern tatsächlich abgerissen werden sollte, als das Mietverhältnis im Juni 2014 "ordentlich zum 30. April 2015" gekündigt wurde. "Zu diesem Zeitpunkt war mit einem derartigen Flüchtlingszustrom nicht zu rechnen", wie ihn Deutschland derzeit erlebt, woraus sich auch Handlungsbedarf für Rees ergebe.

Ursprünglich war geplant, das Haus zusammen mit den sanitären Anlagen des alten Stadtbades abzureißen. Die freie Fläche sollte als Parkplatz dienen, da durch die Erweiterung des Wohnmobilstellplatzes mehrere Parkplätze verloren gegangen waren. Die gekündigte Reeser Familie sei frühzeitig über diese Pläne informiert worden und habe bereits im November 2014 eine neue Bleibe in Rees gefunden. Die Familie hält jedoch dagegen, dass sie - rückblickend - unnötigerweise zum Umzug aus einem Mietshaus gezwungen wurde, in dessen Renovierung sie zuvor Geld und Arbeit investiert hatte. Im Internet warf der Familienvater der Stadt ein "ungerechtes Verhalten" vor.

Seit dem 7. Oktober sind Rees 85 neue Asylbewerber zugewiesen worden. Die Kapazitäten in der Asylbewerberunterkunft am Melatenweg sind erschöpft, im Alten- und Pflegeheim St. Marien in Haldern sind vier Zimmer, ein Aufenthaltsraum und eine Gemeinschaftsküche für 24 Asylbewerber aus Syrien eingerichtet worden. Ein Aufruf der Stadt, freie Wohnungen zu melden, hat laut Franken zu "vielen positiven Rückmeldungen" geführt: "Die Bürger haben uns Wohnraum angeboten und nützliche Hinweise gegeben." Eine dieser Maßnahmen sei gewesen, die Abrisspläne für das Haus am Grüttweg "zunächst bis auf weiteres" einzufrieren.

Die täglichen Nachrichten über Flüchtlinge lassen erahnen, dass sich die Lage auch in Rees auf absehbare Zeit nicht entspannen wird. "Es ist in keiner Weise möglich, heute eine Prognose für die kommenden Tage, Wochen und Monate abzugeben", sagt Franken. "Auch über den fehlenden Wohnraum bis zum Jahresende können wir keine Angaben machen." Gemeinsam mit pro homine, dem Besitzer des leerstehenden Reeser Krankenhauses in der Neustraße, wird auch eine Umwandlung des ehemaligen Reha-Bereiches in Wohnraum diskutiert. Laut Sozial-Dezernent Andreas Mai können dort, "wenn alle Stricke reißen", 30 bis 40 Asylbewerber zeitweise untergebracht werden. Das Haupthaus des ehemaligen Krankenhauses kann indes nicht mehr genutzt werden, da der Rückbau schon zu weit vorangeschritten ist. "Die Nutzung weiterer Teile des Krankenhauses erfordert hohe Investitionen, die wir derzeit nicht stemmen können", sagt Franken.

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Foto: dpa, fg jai

Die Unterbringung von Asylbewerbern im Stadtgebiet erfolgt unabhängig von der Zentralen Flüchtlingsunterkunft (ZUE) am Groiner Kirchweg. Dort gibt es 164 Plätze für Flüchtlinge, die aber meist nach zwei Wochen auf andere Kommunen weiterverteilt werden. Alle Kosten in der ZUE werden von der Landesregierung getragen, etwa 30 Festangestellte betreuen die 164 Flüchtlinge. Die Asylbewerber, die der Stadt zugewiesen wurden, bleiben für Monate oder Jahre in Rees, bis über ihren Asylantrag entschieden wurde. Bislang trug die Stadt Rees etwa 70 Prozent der Kosten für Asylbewerber selbst, inzwischen wurde von der Bundesregierung eine stärkere finanzielle Unterstützung der Kommunen zugesagt.

Vor einer Woche gehörte auch der Reeser Bürgermeister Christoph Gerwers zu den mehr als 200 Bürgermeistern aus Nordrhein-Westfalen, die einen Brandbrief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) unterzeichnet hatten. Darin wiesen die Verwaltungschefs unter anderem darauf hin, dass praktisch alle verfügbaren Unterbringungsmöglichkeiten in ihren Städten ausgeschöpft seien.

(RP)
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