Duisburg Zwei Schulstunden als Ballettprobe

Duisburg · Ballettdirektor Martin Schläpfer kam gestern mit Mitgliedern seines Ensembles in das St.-Hildegardis-Gymnasium, wo er eine Einführung in die Geschichte des Balletts gab. Die Schülerinnen waren begeistert.

 Anmut und Beweglichkeit - zwei Dinge, die Balletttänzer brauchen und die Martin Schläpfer auch einfordert.

Anmut und Beweglichkeit - zwei Dinge, die Balletttänzer brauchen und die Martin Schläpfer auch einfordert.

Foto: Andreas Probst

Die Aufregung war auf beiden Seiten: Hier die Schülerinnen des St. Hildegardis-Gymnasiums, dort der Direktor und Chefchoreograph des Rheinoper-Balletts Martin Schläpfer, der zugab, dass er vor jedem öffentlichen Auftritt aufgeregt sei. Grund für die beiderseitige Aufregung: Martin Schläpfer und fünf Mitglieder seiner Compagnie waren gestern für zwei Schulstunden zu Gast im St. Hildegardis-Gymnasiums und öffneten, begleitet von Duisburger Presse, Funk und Fernsehen, einen Spalt weit die Tür in Welt des Balletts.

Das Interesse seitens der Schülerinnen war überwältigend: Nach Angaben der Schule waren innerhalb von einer halben Stunde alle Plätze in der Turnhalle für den außerordentlichen Ballettunterricht "ausverkauft".

Eine Zusammenarbeit zwischen der Schule und dem Rheinoper-Ballett gibt es bereits seit 13 Jahren. Doch zum ersten Mal kamen jetzt Mitglieder des Ballett-Ensembles in die Schule. Martin Schläpfer orientierte sich bei dieser schul-öffentlichen Probe zwar an den Choreographien des Ballettabends "b.26", der am Samstag im Duisburger Stadttheater Premiere hatte, doch den Schülern erklärte er vor allem die unterschiedlichen Entwicklungen, die das Ballett seit dem Ende des 19. Jahrhunderts genommen hat und wie er heute mit den Tänzerinnen und Tänzern arbeitet.

Im Gegensatz zu einigen anderen Ländern ist Tanz an deutschen Schulen in der Regel kein Unterrichtsfach. Um so mehr sei diese Veranstaltung "eine schöne Aufgabe, bei der wir zeigen können, wofür wir brennen!", sagte der Choreograph. Während Schulleiterin Sabine Kretschmann-Dulisch das Ensemble und die Akteure vorstellte, wärmten sich die fünf Tänzerinnen und Tänzer auf. Wichtig, gerade an so einem kalten Tag in der nicht gerade warmen Turnhalle. Wenig später übernahm Martin Schläpfer das Mikrofon und erklärte - übrigens völlig unaufgeregt - wie er mit 15 Jahren selbst den Weg über den Eiskunstlauf zum Ballett gefunden und seine Eltern wenig später überzeugt hatte, den Tanz zum Beruf zu machen: "Es hatte mich gepackt, ich wollte seitdem nichts anderes als Tänzer werden."

In diesen beiden Schulstunden lernten die Schülerinnen die Unterschiede des klassischen zum modernen Ballett kennen; erfuhren, dass man sich trotz aller Entwicklungen und Interpretationen immer noch an der Basis des klassischen Balletts orientiert. Martin Schläpfer erläuterte mit Hilfe der Ensemble-Mitglieder, was Ballett für ihn heute bedeutet, woher es aber eigentlich als höfische Kunst stammt.

Mucksmäuschenstill wurde es, wenn die Musik vom Klavier oder vom Band erklang und die Tänzer solo oder beim "Pas de Deux" die Turnhalle in eine Bühne verwandelten und das kaltes Neonlicht für einen Moment vergessen ließen.

Nach den Erklärungen Schläpfers zu seinen Ansätzen in der Choreographie, dem Hinweis, dass getanzte Emotionen beim Zuschauer immer auch Platz für eigene Interpretationen lassen müssen und wie sehr von heutigen Tänzerinnen wie Tänzern Kraft und Körperbeherrschung gefordert werden, endete die öffentliche Schnupperstunde mit einer Fragerunde.

Bei der Frage einer Schülerin, wie er denn seine Stücke entwickelt, gab der Chef-Choreograph unumwunden zu, dass dies wohl die schwerste Frage sei, denn viele Dinge seien dabei zu berücksichtigen: "Eine klare Antwort gibt es darauf nicht."

Wer am Ergebnis der aktuellen Antwort auf diese Frage ist, dem sei der Besuch des nächsten Ballettabends "b.26" empfohlen. Die nächsten "b-26"-Aufführungen im Duisburger Stadttheater sind am 22. und 30. Januar, am 6. und 20. Februar sowie am 16. April.

(Awin)
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