Duisburg Zwei 45-minütige Erstlinge

Duisburg · Das jüngste, sechste Philharmonische Konzert im gut gefüllten Theater am Marientor widmete Generalmusikdirektor Giordano Bellincampi ganz der Musik von Johannes Brahms. Die prominente Solistin war Elisabeth Leonskaja.

 Elisabeth Leonskaja

Elisabeth Leonskaja

Foto: Julia Wesely

Duisburgs Generalmusikdirektor Giordano Bellincampi meint, dass jedes Sinfonieorchester in jeder Saison mindestens einmal einen Abend nur mit Musik von Johannes Brahms (1833-1897) geben sollte. Gesagt, getan: Im jüngsten, sechsten Philharmonischen Konzert im gut gefüllten Theater am Marientor (TaM) war es so weit. Auf dem Programm standen zwei gut dreiviertelstündige Werke, die klares Licht auf Brahms' langen Weg zur Sinfonie warfen. Es waren seine Erstlinge der Gattungen "Klavierkonzert" und "Sinfonie".

Wobei das Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 d-Moll op. 15 (1854-59) Brahms' erstes Orchesterwerk überhaupt ist, noch vor den beiden Serenaden, und über weite Strecken wirkt wie eine Sinfonie mit Soloklavier. Über den großspurigen Beginn dieses Klavierkonzerts soll der Komponisten-Kollege Anton Bruckner gesagt haben: "Sigst as, dös is a Sinfonie-Thema!" Im TaM wurde jetzt der Kopfsatz in Zeitlupe zerdehnt, zudem spannungsarm gespielt. Der langsame Mittelsatz hatte dann Ruhe und sogar Poesie, im Finale funkte das Feuer.

Allmählich erreichte auch die prominente Solistin Elisabeth Leonskaja, geboren 1945 in der georgischen Hauptstadt Tiflis in eine gleichwohl russische Familie, ihre eigentliche Gestaltungskraft. Ihre enormen Energien gab sie hier geradezu kammermusikalisch an das Orchester weiter, hielt Blick-Kontakt zumindest zu den in ihrer Sichtweite sitzenden Musikern. Allerdings verzichtete sie auf eine Zugabe.

Nach der Pause kam dann die Sinfonie Nr. 1 c-Moll op. 68 (1862-76). Brahms brauchte so lange, um seine erste Sinfonie fertigzustellen, weil er "immer so einen Riesen hinter sich marschieren" hörte und sich somit erst von dem Vorbild Ludwig van Beethoven emanzipieren musste. Immer wieder faszinierend zu erleben ist dieses Werk, das die Duisburger Philharmoniker zur Zeit auch regelmäßig in dem dreiteiligen Ballettabend "b.26" aufführen (die RP berichtete). Bellincampi gab jetzt Schwung und Druck hinein, noch nicht in jedem Detail genau gestaltet, aber jederzeit auf der Höhe der Struktur.

Sollte es in der nächsten Saison wieder einen reinen Brahms-Abend geben, kann man sich darauf freuen.

Ingo Hoddick

(RP)
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