Rp-Serie China 8 Zigaretten-Teppich wie ein Tigerfell

Duisburg · Im Lehmbruck-Museum: Xu Bings Bodeninstallation "1st Class".

 Das "Tigerfell" aus Zigaretten im Lehmbruck-Museum.

Das "Tigerfell" aus Zigaretten im Lehmbruck-Museum.

Foto: harpers

Eine der eindrucksvollsten "Erzählenden Skulpturen" chinesischer Gegenwartskünstler, die dieser Tage im Duisburger Lehmbruck Museum gezeigt werden, ist die Installation "1st Class" von Xu Bing. Auf einer Gesamtfläche von fünfzehn mal fünf Metern fügte der Künstler über 500 000 Zigaretten zu einer stark nach Tabak duftenden Bodenarbeit zusammen, die den Ausstellungsraum fast gänzlich ausfüllt.

Das kolossale Werk hat die Form eines überdimensionalen Tiger-Fells. Die Farbgebung changiert - je nachdem ob der Filter oder die Spitze der Zigarettenhülsen nach oben zeigt - in Orange und Weiß. Ändert der Betrachter seine Position, ändern sich auch die Farben. Xu Bing weist mit dieser Installation darauf hin, dass die Menschheit sich durch ihr selbstzerstörerisches Verhalten immer mehr in Gefahr bringt. Seine persönliche kritische Beziehung zum Medium Tabak und der damit verbundenen süchtig machenden Anziehungskraft und den Risiken des Rauchens beruht auch auf der Tatsache, dass der Vater des Künstlers an Lungenkrebs starb. Darüber hinaus prangert er die wirtschaftlichen Machtstrukturen an.

Seine Kritik gilt den multinationalen Tabakmärkten, den Arbeitsbedingungen bei Pflanzung, Ernte und Verarbeitung und den damit verbundenen kulturellen Auswirkungen. Die Anordnung der Zigaretten als Tiger-Fell symbolisiert die Macht des Menschen, etwas Starkes, Vitales zu einem leblosen Ding zu seinen Füßen zu machen. Die Tiger-Jagd in Süd-, Zentral- und Ostasien hatte eine jahrhundertealte royale und aristokratische Tradition, bevor die westlichen Kolonialherren die stolzen Tiere mit ihrer Feuerkraft nahezu ausrotteten. Das Material Tabak lässt den Künstler seit seinen ersten Besuchen der Tabak-Farmen North Carolina im Jahr 1999 nicht mehr los. Der gesamte Kreislauf von der lebenden Pflanze über das getrocknete Blatt und das verpackte Produkt bis hin zur Asche fasziniert ihn und findet als "Tobacco Project" immer wieder Eingang in sein Werk. Stets ist der Tabak beherrschendes Material für Skulpturen und Installationen, wie zum Beispiel die Skulptur "Light as Smoke" (2011), einem kompakten, 440 Pfund schweren Block aus gepressten Tabak-Blättern.

Xu Bing, 1955 in Chongquing geboren, ist ein international bekannter und vielfach ausgezeichneter Konzeptkünstler, der vor allem mit seinen Werken in den Bereichen Druckgraphik und Kalligrafie, aber auch mit seinen Installationen Beachtung findet. Er lebt und arbeitet heute in Peking und hält Vorlesungen an verschiedenen Universitäten rund um die Welt. Mit seiner Kunst ist Xu Bing zum Beispiel auf der Biennale in Venedig, in Berlin, New York, Sydney oder Johannesburg vertreten.

(RP)
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