Euregio Rhein-Waal Und Rp Präsentieren: 25 Jahre Interreg (1) Wie die Förderung verzehnfacht wurde

Duisburg · 1990 wurden die Grundlagen für die Interreg-Pogramme gelegt, die eine europäische, grenzüberschreitende Förderung von unterschiedlichen Projekten möglich machte. Mit einem Topf aus EU und NRW, mit NL-Geld und Eigenmitteln.

 René van der Gugten und Karl Schulze Althoff vor dem Euregio-Gebäude in Kleve.

René van der Gugten und Karl Schulze Althoff vor dem Euregio-Gebäude in Kleve.

Foto: Gottfried Evers

Niederrhein Anfangs wurden sie belächelt: Ach, das sind die mit den Fahrradwegen, habe es geheißen, erinnert sich René van der Gugten. Van der Gugten (75) ist Niederländer, er sagt "Fietspaden". Aber das versteht hier am Tisch der Euregio Rhein-Waal in Kleve jeder. Genauso, wie sein Gegenüber, Karl Schulze Althoff (77), Deutsch redet, wenn er auf die lange Geschichte des Programms zurückblickt, das beide vor 25 Jahren in die Wiege gelegt haben und das mit jenen "Fietspaden" begann: Interreg.

Der Name scheint in sich widersprüchlich zu sein: "Interreg" nennt sich das Programm, mit dem seit einem Vierteljahrhundert Projekte im grenzüberschreitenden Raum gefördert werden - und das mit rasant steigendem Erfolg. Waren es 1990 noch umgerechnet 20 Millionen Euro, die in die Euregios entlang der deutsch-niederländischen Grenze flossen, so sind es inzwischen fast 220 Millionen Euro. Geld, das zu 50 Prozent aus EU-Töpfen kommt, jeweils zu rund 15 Prozent vom Land NRW und dem Staat Niederlande und 20 Prozent Eigenmitteln der Antragsteller. Das erste Projekt waren eben jene "Fietspaden", jene Fahrradwege, die über die Grenzen führten. Ein touristisches Projekt. Heute reicht das Interreg-Spektrum von der Förderung von Kultur- über Wissenschaft bis zur Wirtschaft, werden Projekte angestoßen, die gar langfristig Arbeitsplätze entlang der Regionen sichern und fördern.

"Interreg" verbindet die vordergründig so gegensätzlichen Ebenen international und regional, die Ebene des Wirtschaftsministeriums der Niederlande in Den Haag mit der des Wirtschaftsministeriums in der Landeshauptstadt Düsseldorf - und verknüpft sie mit Brüssel. Von ganz oben in Brüssel geht es dann ganz nach unten, direkt vor Ort: Dort, nämlich in den Euregios entlang der Grenze zwischen den Niederlanden und Deutschland, werden die Projekte vorgestellt, von dort, aus den Regionen kommen die Ideen, die mit den Interreg-Mitteln umgesetzt werden können. Für die Euregio-übergreifende Koordination sorgt das "Gemeinsame Interreg-Sekretariat" (GIS) in Kleve.

Die Symbiose, die in diesem Konstrukt liegt, die Möglichkeit, Mittel aus Brüssel mit den weiteren Partnern zu mehren und in die Regionen zu bekommen, hatten die beiden Herren erkannt, die damals als hohe Beamte ihrer Ministerien zusammenfanden und das scheinbar Unmögliche möglich machten: nämlich jene damals fast unüberbrückbar erscheinenden Ebenen zu verbinden. Nur ein Beispiel: bis dato verhandelte Brüssel nur mit Nationen, nicht mit Ländern oder Provinzen. Karl Schulze Althoff in Düsseldorf und René van der Gugten in Den Haag hatten die Aufgabe, dieses euregionale Programm auf die Beine zu stellen.

"Mit Blick auf des Schengener Abkommen überlegten wir seit 1987, wie wir die Grenzregionen fördern und enger verbinden können", sagt Schulze Althoff. Zudem sollte die Förderung und die Auswahl der Projektteilnehmer einfacher werden, als bei sonst üblichen EU-Förderungen. "Das war meist wie eine Black-Box: Der Antragsteller wusste oft erst sehr spät, ob Gelder fließen oder nicht", sagt der inzwischen pensionierte Ministerialrat.

Van der Gugten musste die Förderebenen miteinander verknüpfen und einen Topf aufzustellen, in den die Gelder aus Brüssel, Düsseldorf und Den Haag gegeben werden. "Mit anderen Worten: Wir brauchten einen ,Titel' - ohne Titel kann man jenseits der Grenze nicht", sagt van der Gugten mit Blick auf Schulze Althoff. Und der strickte mit heißer Nadel an eben jenem "Titel", der Grundlage für einen Vertrag zwischen EU, NL und NRW werden sollte. 1989 gab es erste, kurz laufende Projekte, die als strukturverstärkende Maßnahmen noch über die EU-Kommission liefen, 1990 wurde mit Schulze Althoff das Referat für EU-Angelegenheiten gegründet, man fand Wege, wie die Verantwortung von Bonn (also vom Bund) nach Düsseldorf (also ans Land) delegiert werden konnte. Einem Vertragsabschluss in der Nähe von Nordhorn stand nichts mehr im Wege. Letztlich gelang das Ganze vor allem, weil die Chemie zwischen den Beamten stimmte, weil sie die Reichweite des damals noch mit "kleinem Geld" ausgestatteten Interreg-Programms mit Modellcharakter erkannten. Es funktioniert zwischen Deutschland und den Niederlanden besser als zwischen Österreich und Deutschland, resümierte kürzlich eine Untersuchung der Universität München, weil einer (gemeint ist Schulz Althoff) mal einen anderen, guten Weg einschlug.

Nach ihren Interreg-Lieblingsprojekten gefragt, stecken die Interreg-Gründerväter die Bandbreite des Programms ab: Für Schulze Althoff ist es das grenzüberschreitende Jugendförderprojekt "Stiftung Jugend&Schlösser MINT auf Schlösser", für van der Gugten die Wissensallianzen der Hochschulregionen.

(RP)
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