Duisburg Weg vom Schrotthaus, aber was dann?

Duisburg · Was wird aus den Mietern, bei denen die "Task-Force Problemimmobilien" die Räumung verfügt hat. Pater Oliver, Leiter des Sozialpastoralen Zentrums Petershof in Marxloh, initiiert Nachbarschaftstreffen und fordert wirkliche Lösungen.

 Schrotthäuser wie dieses in Marxloh werden von der Stadt geräumt. Die ehemaligen Mieter fühlen sich oft alleingelassen.

Schrotthäuser wie dieses in Marxloh werden von der Stadt geräumt. Die ehemaligen Mieter fühlen sich oft alleingelassen.

Foto: Reichwein

Selbstverständlich soll niemand in einem Haus leben müssen, das einstürzgefährdet ist oder in dem sich ein Feuer rasend schnell ausbreiten kann. Unter diesem Gesichtspunkt begrüßt Pater Oliver Potschien die "Task-Force Problemimmobilien". Mittlerweile hat die Stadt über dieses Task-Force-Programm mehrere Häuser für unbewohnbar erklärt und Räumungen verfügt. Anlass für die Zwangsräumungen sind meist erhebliche Mängel im Brandschutz. So weit, so nachvollziehbar. Was in den Augen von Pater Oliver und seinen 100 ehrenamtlichen Mitstreitern im Sozialpastoralen Zentrum Petershof in Marxloh nicht in Ordnung ist, ist die Tatsache, dass die von den Räumungen betroffenen Mieter mit ihren Problemen weitgehend allein gelassen werden. Es sei nicht selten so, dass nach einer Räumung ganze Familien mit Sack und Pack auf der Straße stehen und nicht ein noch aus wissen. "Man nimmt den Menschen ihre Wohnung weg, ohne dass man ihnen eine Perspektive auch nur andeutet", sagt Pater Oliver.

 Auch für Pater Oliver sind skrupellose Vermieter ein Ärgernis.

Auch für Pater Oliver sind skrupellose Vermieter ein Ärgernis.

Foto: Fischer

Aus diesem Grund haben Pater Oliver und seine Mitarbeiter eine Nachbarschaftsinitiative ins Leben gerufen, bei denen sich Menschen treffen, die in unterschiedlicher Weise von Zwangsräumungen betroffen sind. Das sind ehemalige Mieter von "Schrotthäusern", Mieter von Häusern, bei denen eine Räumung droht oder auch Nachbarn oder Verwandte, die obdachlos gewordene Mieter bei sich aufgenommen haben und deren Wohnungen wegen Überbelegung nun ebenfalls zu Problemimmobilien zu werden drohen.

Pater Oliver ist sich der verzwickten Lage durchaus bewusst. Viele Vermieter, darunter seien auch Deutsche, beuteten ihre Mieter hemmungslos aus, nutzten Gesetzeslücken aus und ignorierten schlichtweg alle Appelle, die Wohnungen sicherer und menschenwürdiger zu machen. Dass man diesen Vermietern auf die Finger schaut und sie gegebenenfalls auch unter Druck setzt, findet Pater Oliver richtig. Was er aber beklagt, ist, dass die Not der Menschen, die ihre Wohnung verloren haben, nicht ausreichend in den Blick genommen wird. Was bislang fehle, sei eine Initiative, bei der das Spannungsfeld von "Unverletzlichkeit der Wohnung" und "Brandgefahr im Verzug" angegangen werde.

Bei den ersten beiden Treffen der neuen Nachbarschaftsinitiative sei es zunächst darum gegangen, sich die Nöte der betroffenen Menschen anzuhören. Zugleich werde aber auch mit Hilfe von Dolmetschern und Stadtteilpaten Aufklärungsarbeit geleistet. Da gehe es um Brandschutzbestimmungen, Müllvermeidung, unerlaubtes Anzapfen von Stromleitungen, Freimachen von Rettungswegen und anderen Sicherheitsmaßnahmen. Vieles könnten die Mieter selber tun; bei einigen Defiziten könne auch der Petershof helfen. Wichtig sei, dass die Menschen für das Thema sensibilisiert werden und selber das leisten, was sie leisten können.

Pater Oliver gibt zu, dass er und sein Team die skrupellosen Vermieter kaum erreichen können. Gleichwohl dürfe man sich nicht darauf beschränken, nur auf dem Rücken der Mieter auf die Vermieter Druck auszuüben. "Wenn man das macht, kommt man aus dem Teufelskreis nicht raus; Menschen müssen ihre Wohnungen verlassen, verwahrlosen und schaffen neue Probleme im Stadtteil."

Pater Oliver hofft, dass die Task-Force Problemimmobilien künftig stärker mit Initiativen wie dem neuen Nachbarschaftstreff im Duisburger Norden, dem Petershof und seinem Netz von Helfern und Dolmetschern zusammenarbeitet. Entscheidend sei, so das immer wieder vorgetragene Credo des Paters, den Menschen eine Perspektive zu bieten. Das alles habe nichts mit naivem Gutmensch-Denken zu tun, sondern mit der Forderung, eine intakte Stadtgesellschaft zu fördern. Dass er sich mit seinem Einsatz für Rumänen und Bulgaren im "Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf" nicht nur Freunde macht, weiß Pater Tobias. "Als Ordensmann habe ich das besondere Privileg der Unabhängigkeit von Politik und Behörden; das ist aber auch eine Verpflichtung", sagt er.

Pater Oliver bringt demnächst das Faltblatt "Petershofer Konsens" heraus, in dem das Anliegen und die Ziele dieses im September 2012 gegründeten Sozialpastoralen Zentrums beschrieben werden. Dort ist unter anderem die Rede von "ungesteuerten Umbruchbewegungen und unangepackten sozialen Verwerfungen im Duisburger Norden". An einer Stelle heißt es: "Eine Einrichtung wie den Petershof dürfte es in einem der reichsten Länder dieser Welt nicht geben."

(pk)
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