Duisburg "Wahlverwandtschaften" im Lehmbruck-Museum

Duisburg · 22 Duisburger Künstler und 21 Künstler aus anderen nordrhein-westfälischen Städten auf der Suche nach Verbindungsfäden.

 Die in Düsseldorf lebende Ulrike Kessel hat eine Ecke des Ausstellungsraums mit bunten Nylonstrümpfen versponnen.

Die in Düsseldorf lebende Ulrike Kessel hat eine Ecke des Ausstellungsraums mit bunten Nylonstrümpfen versponnen.

Foto: Christoph Reichwein

Goethes Roman "Wahlverwandtschaften" dient vordergründig als Titel für die Ausstellung im Lehmbruck-Museum, die am Samstag, 3. Oktober, 16 Uhr, eröffnet wird. Goethe beschreibt die Geschichte zweier Paare, die sich jeweils in den Partner des anderen verlieben. Das sorgt für einen Konflikt zwischen Leidenschaft und Vernunft. Goethe selber spielt mit dem Romantitel auf ein chemisches Phänomen an, bei dem es um Verbindungen geht, die sich zugunsten anderer Verbindungen auflösen können, wenn entsprechende Bedingungen eintreten.

Und genau dieses chemische Phänomen ist die hintergründige Idee der großen Gemeinschafts- und Überblicksausstellung mit Werken von 43 Künstlern. Beteiligt sind an der Schau zum einen 22 Künstler, die in Duisburg etabliert sind. Diese Künstler waren aufgefordert, junge Talente aus anderen NRW-Städten vorzuschlagen, deren Werke mit den eigenen auf mehr oder weniger subtile Weise "wahlverwandt" sind. Was nun im Lehmbruck-Museum in der von Dr. Marion Bornscheuer kuratierten Ausstellung zu sehen ist, lässt aufmerken und ist überaus anregend. Dabei berichtete Dr. Marion Bornscheuer bei der Pressevorbesichtigung Kurioses: Beim Aufbau der Ausstellung habe sich bisweilen gezeigt, dass das von einem Duisburger Künstler ausgewählte "junge Talent" viel besser zum Werk eines anderen Duisburger Künstlers passt. Ungeahnte Wahlverwandtschaften zeigen da, wo die Chemie anscheinend wirklich stimmt. Die Auswahl der Künstler traf eine Jury aus Vertretern der Duisburger Künstlerverbände sowie von Mitarbeitern des Lehmbruck-Museums unter dem Vorsitz von Museumsdirektorin Dr. Söke Dinkla. Bei der Pressevorbesichtigung zeigten sich die Künstler durchweg zufrieden mit der Ausstellung, wie sie nun entstanden ist. Das ist durchaus nicht selbstverständlich! Berücksichtigt werden in der Schau Werke aus allen Abteilungen der bildenden Kunst. Da finden sich ganz schlichte Arbeiten, die aber voller Witz stecken; etwa eine "Feuerstelle", die aus geschickt aufgestellten Holzkohle-Tüten besteht, oder ein angestrichener Zollstock, der sich, befestigt an der Wand, biegt, ohne zu brechen. Manfred Gliedt (Jahrgang 1961), der in Duisburg lebt und in Düsseldorf arbeitet, schuf hingegen eine viele Quadratmeter umfassende Installation aus Dutzenden Zeichnungen, bei denen das "Tagein-Tagaus" des menschlichen Daseins Vorbild zu sein scheint.

Zu den Blickfängen der Ausstellung gehört das "Luftschiff" des in Köln lebenden Künstlers Johannes Jensen, der Badewanne, Gummiräder, Schiffsschrauben und diverse Ausrüstungsgegenstände verbaut hat. Allerdings kann man bei diesem witzigen Werk eher eine Wahlverwandtschaft zu Jean Tinguelys Phantasiemaschine erkennen, die in der ständigen Sammlung des Lehmbruck-Museums besichtigt werden kann. Die in Düsseldorf lebende Ulrike Kessel verspannt eine Ecke des Ausstellungsraumes mit bunten Nylonstrümpfen, was für einen enormen Effekt sorgt: Das Ganze wirkt wie eine Großaufnahme aus dem menschlichen Inneren. Schön präsentiert ist zum Beispiel auch die Arbeit der bekannten Duisburger Künstlerin Sigrid Beuting. In "Leben 21" hängt sie Zweige mit Blättern an Infusionsbeutel, wie sie im Krankenhaus verwendet werden: Die Natur hängt im 21. Jahrhundert am Tropf.

43 Künstlerpersönlichkeiten mit insgesamt mehr als 100 Werken: Da gibt es noch Vieles zu beschreiben und zu entdecken. Bis zum 31. Januar hat man dazu die Gelegenheit. Die Ausstellung wird am Samstag mit einer Performance der Münsteraner Künstlerin Stephanie Sczepanek (Jahrgang 1984) eröffnet.

Der Katalog zur Ausstellung wird an der Museumskasse zu 7,50 Euro angeboten.

(pk)
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