Rp_serie Mein Tierisches Revier Vom Vogelfreund zum Raubtierexperten

Duisburg · Mit einem Praktikum im Vogelhaus fing alles an. Mittlerweile leitet Maik Kirschner das Raubtier- und Kamelrevier.

 Maik Kirchner in seinem Revier, auf das er zu Recht sehr stolz ist.

Maik Kirchner in seinem Revier, auf das er zu Recht sehr stolz ist.

Foto: Christoph Reichwein

Maik Kirschner steht am Zaun des Brillenbärengeheges und hat ein paar Walnüsse in der Hand. Die drei Bären sind allerdings viel zu weit weg, um die Nüsse wittern. "Kein Problem, ich rufe die Bären einfach, dann kommen sie", sagt Kirschner und ruft ein paarmal nach Pablo, Huanca und ihrem Sohn Kito. Als hätte er gerade gut erzogene Hunde gerufen, kommen die drei schokobraunen Tiere angelaufen. "Die sind schon sehr intelligent und zwischen Tier und Pfleger entsteht oft eine enge Beziehung", erklärt Kirschner und wirft der Bären-Familie die Walnüsse zu.

Maik Kirschner ist seit 1983 im Zoo tätig, seit 1993 leitet er das Raubtier- und Kamelrevier, das über diese beiden Spezies hinaus noch zahlreiche weitere Tiere beheimatet: Wisente, Stachelschweine, Nasenbären, Europäische Luchse und Wildkatzen, Nebelparder, Zwergmangusten, Binturongs, Fischkatzen und noch einige weitere. Die Löwen sind natürlich die Publikumslieblinge, gerade auch seitdem der junge Tsavo seit wenigen Wochen das Gehege komplettiert. Kirschner selbst habe keine Lieblingstiere, es gebe viele Tiere mit einem "schönen Charakter, zu denen man eine enge und besondere Bindung aufbaut", wie er sagt.

 Die Fossas (links) sind Maik Kirchners besonderes Steckenpferd. Die Brillenbären kommen inzwischen auf Zuruf, wenn für sie dabei etwas Leckeres herausspringt.

Die Fossas (links) sind Maik Kirchners besonderes Steckenpferd. Die Brillenbären kommen inzwischen auf Zuruf, wenn für sie dabei etwas Leckeres herausspringt.

Foto: Andreas Probst (Archiv)/Christoph Reichwein (2)

Doch eine Tierart hat es ihm dann doch ganz besonders angetan und sei auch mitentscheidend gewesen, sich um die Stelle als Leiter dieses Revieres zu bewerben: Die Fossa - eine Raubtierart, die ausschließlich auf Madagaskar vorkommt. Sie ist das größte Raubtier ihrer Heimatinsel und ernährt sich vorrangig von Primaten und anderen Säugetieren. Der Einzelgänger lebt in großen Revieren und zählt zu den gefährdeten Arten. "Das ist eine Tierart, die mich fasziniert und die in Zoos nicht den Stellenwert hat, den sie verdient", sagt Kirschner.

Doch was genau fasziniert ihn an den Raubtieren? "Zunächst mal ihre Eleganz. Aber schon allein ihre Geschichte, dass sie sich ausschließlich auf Madagaskar entwickelt haben, ist spannend." Lange Zeit seien sie in der Zoowelt kaum bekannt gewesen und auch in der Literatur war wenig zu finden. Das sei nicht bei vielen Tierarten der Fall. Sogar Wissenschaftler hätten sich nicht besonders mit diesen Tieren ausgekannt. Der Duisburger Zoo habe viel dazu beigetragen, das zu ändern.

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Foto: Christoph Reichwein

Als Kirschner im Revier angefangen hat, habe es nur acht Fossas in ganz Europa gegeben. "Daher fand ich es sehr interessant, mich mit ihnen zu beschäftigen, um die Fossa-Zucht in Gang zu bringen und den Bestand wachsen zu lassen", sagt der Revierleiter. Er habe sich dann förmlich in das Thema hinein "gefressen". Eine große Herausforderung, denn die Fossa-Zucht sei nicht ganz einfach. "Die können sich böse untereinander verletzen." Außerdem sind sie nur einmal im Jahr für höchstens 14 Tage rollig. Um diesen Zeitpunkt zu erkennen, müsse man die Tiere oft und lange beobachten und ihr Verhalten kennenlernen. "Als dann die erste Nachzucht da war, haben wir uns natürlich sehr gefreut", sagt der Revierleiter stolz. Mittlerweile ist Kirschner ein Fossa-Experte und mit ihm der Duisburger Zoo die erste Anlaufstelle für alle Nachfragen, die diese Tierart betreffen. "Wir haben den Bestand von acht auf über 50 Tiere hochgeschraubt", sagt Kirschner. Zwei Drittel aller Fossas, die weltweit in Zoos und Tierparks gehalten werden, stammen aus Duisburg. Hier wird auch das Zuchtbuch verwaltet, das bestimmt, welches Tier in welche Einrichtung kommt. Kirschner: "Das ist schon etwas Besonderes, gerade weil die Amerikaner in vielem Vorreiter sind. Aber bei den Fossas hatten wir den längeren Atem."

Ein besonderes Highlight für Kirschner: Drei Wochen durfte er in Madagaskar verbringen und dort nicht nur die Tiere in freier Wildbahn erleben, sondern auch beim Aufbau einer riesigen Voliere mithelfen und sein Wissen vermitteln. Erwartet hatte er diesen Verlauf zum Fossa-Experten nicht, als er damals seine Karriere im Zoo mit einem Schülerpraktikum im Vogelhaus begann. "Da habe ich für mich aber schon entdeckt, dass das der Beruf ist, den ich gerne ausüben möchte", sagt Kirschner. Von Glück spricht er, wenn er erzählt, dass er damals gleich eine Ausbildung im Zoo beginnen durfte. Nach sieben Jahren als Springer und somit tätig in vielen Revieren, ist er glücklich, jetzt dort zu sein, wo er ist. "Ich würde mein Revier nicht tauschen wollen", sagt er.

Mit dem vielfältigen Tierbestand begründet er seine Aussage. "Wir haben Vögel, Huftiere, Raubtiere, alles in einem Revier." Die Vögel, zu denen hat er ebenfalls eine besondere Beziehung, schon immer habe es in seiner Familie Vögel verschiedenster Art gegeben.

Er selbst hatte Tauben, Hühner, Fasane und exotische Ziervögel, hat aber bis auf zwei Kanarienvögel alle Tiere abgegeben. Doch wer meint, der Grund sei, dass er im Zoo bereits genug mit Tieren zu tun habe, liegt falsch. "Meine Lebensgefährtin und ich reisen so gerne." Viele Male war er bereits in Afrika. "Dort waren wir dann immer zwei bis drei Wochen auf Safari."

Auch Vögel gucken in Spanien stand auf dem Programm und gerade plant er mit seiner Partnerin eine Reise nach Uganda, um dort Berggorillas zu sehen.

Kirschner ist ein Tiernarr durch und durch, der auch in seiner Freizeit nicht genug von ihnen bekommen kann. "Tiere spielen eine ganz große Rolle", sagt er. Da wundert es nicht, dass er über seinen Beruf im Zoo sagt: "Ich habe hier meine Erfüllung gefunden."

(RP)
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