Duisburg "Völkermord: eine imperialistische Lüge"

Duisburg · Die "Muslimische Türkenunion" verteidigte gestern den umstrittenen Beschluss des Integrationsrates.

 Erdogan Aylin und Ali Söylemezoglu (v.l.) und ihre MTB-Mitstreiter stehen zum Beschluss des Integrationsrates.

Erdogan Aylin und Ali Söylemezoglu (v.l.) und ihre MTB-Mitstreiter stehen zum Beschluss des Integrationsrates.

Foto: Stoffel

Die "Muslimische Türkenunion und Dialog für Frieden" (MTB) hat gestern bei einem Pressegespräch im Rathaus den Beschluss des Integrationsrates zur Armenienfrage bekräftigt und erklärt, diesen in der Sondersitzung des Gremiums am kommenden Montag nicht zurückzunehmen. "Der armenische Völkermord ist eine imperialistische Lüge", so MTB-Vorsitzender Ali Söylemezoglu. Mit dem gleichen Recht, mit dem der Stadtrat vor zwei Jahren eine Resolution gegen die Übergriffe auf Demonstranten im Gezipark in Istanbul verabschiedet habe, beziehe der Integrationsrat Stellung zur Resolution des Deutschen Bundestages. Erneut warfen sie den Abgeordneten Verrat vor.

Die MTB-Vertreter behaupteten gestern, dass der Europäische Gerichtshof Klagen mehrerer Länder wegen des Mordes an den Armeniern abgewiesen habe. Was sie aber nicht sagten: Dieses Gericht betonte ausdrücklich, dass mit seiner Entscheidung keine Bewertung der Massenmorde und -deportationen an den Armeniern durch das Osmanische Reich verbunden sei. Das Europäische Parlament hatte im April 2015 eine Entschließung verabschiedet und die Türkei aufgefordert, den Völkermord als solchen anzuerkennen.

Die MTB verwahrte sich gestern gegen Unterstellungen, Mitglieder des Integrationsrates seien unter Druck gesetzt worden, damit sie die Resolution mittragen. Wenn sich inzwischen Mitglieder dieses Gremiums von dem Beschluss distanzierten, dann möglicherweise, weil sie von ihren Parteien unter Druck gesetzt worden seien. "Die, die für diese Resolution gestimmt haben, bekämen überwältigende Mehrheiten, wenn es jetzt Wahlen zum Integrationsrat gäbe", so die MTB. Allerdings: Das gewählte Gremium, in dem der SPD-Mann Erkan Üstünay den Vorsitz hat, wird möglicherweise am Montag mehrheitlich für die Rücknahme der Erklärung votieren. Das zeichnet sich zumindest ab.

Oberbürgermeister Sören Link wird am Montag in der Sondersitzung fordern, den dort gefassten Beschluss zurückzunehmen. "Wenn ein Gegenstand auf die Tagesordnung gesetzt worden ist, bedeutet das nicht automatisch, dass er auch inhaltlich vom Integrationsrat beraten werden darf", so die Begründung. Darauf habe die Verwaltung noch in der Sitzung des Integrationsrates hingewiesen. "Der Integrationsrat darf sich nicht inhaltlich mit solchen Themen befassen, die in die Entscheidungszuständigkeit des Bundes oder des Landes fallen, ansonsten verhält er sich rechtswidrig." Es sei nicht die Aufgabe des Integrationsrates, zu allgemeinen politischen Fragen Beschlüsse zu fassen, bzw. für oder gegen eine bestimmte Politik Stellung zu nehmen. "Dies wäre nur dann möglich gewesen, wenn ein direkter kommunaler Bezug erkennbar gewesen wäre, der hier nicht erkennbar ist." Bei der vorliegenden Resolution "handelt es sich um eine ausschließlich allgemeinpolitische Erklärung, daher war es rechtswidrig, den Tagesordnungspunkt inhaltlich zu beraten und einen Beschluss zu fassen."

(RP)
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