Duisburg Versammlung beginnt im Chaos

Duisburg · Denn mehr Zuhörer als offensichtlich erwartet drängten gestern Morgen in die Mercatorhalle, um zu erfahren, wo Oberbürgermeister Sören Link die Sparschraube andreht.

 Wer oben auf den Rängen war, hatte es erst einmal geschafft. Um weiteren Andrang nach oben zu verhindern, wurde der Treppenaufgang gesperrt. Die Mitarbeiter mussten bis zur zweiten Versammlung warten.

Wer oben auf den Rängen war, hatte es erst einmal geschafft. Um weiteren Andrang nach oben zu verhindern, wurde der Treppenaufgang gesperrt. Die Mitarbeiter mussten bis zur zweiten Versammlung warten.

Foto: Christoph Reichwein

Der Oberbürgermeister hatte zwar jeden einzelnen der rund 6000 Stadtangestellten persönlich zu der Mitarbeiterversammlung, die gestern in der Mercatorhalle stattfand, eingeladen. Mit einem solchen Andrang hatte er aber offensichtlich nicht gerechnet, denn bereits um kurz nach 10 Uhr waren alle Plätze besetzt und die Hälfte der erschienenen Stadtmitarbeiter wurden auf die anschließende, kurzfristig anberaumte zweite Veranstaltung vertröstet. Was Link zu verkünden hatte, waren Maßnahmen zur Einsparung von Personalausgaben.

 OB Link in Erklärungsnot in der Mercatorhalle.

OB Link in Erklärungsnot in der Mercatorhalle.

Foto: Christoph Reichwein

Um den Haushaltssanierungsplan (HSP) zu erfüllen, müssen Forderungen der Bezirksregierung Düsseldorf zwingend umgesetzt werden. Die sehen vor, dass 7,5 Millionen Euro im Bereich Personal zusätzlich eingespart werden müssen. Denn Fakt sei, dass deutlich mehr Mittel für Personalkosten aufgewendet würden, als geplant, sagte Stadtkämmerin Dörte Diemert.

Betriebsbedingte Kündigungen wird es keine geben, doch werden sich befristet angestellte Stadt-Mitarbeiter darauf einstellen müssen, dass ihr Vertrag nicht verlängert wird. Das gilt beispielsweise für Hauswarte in den Asylunterkünften. Beförderungsrunden werden im kommenden Jahr grundsätzlich ausgesetzt.

Weiterhin sehen die Maßnahmen vor, alle in 2016 vorgesehenen externen Einstellungen zu stoppen. Außerdem soll es keine Stellenausweitung mehr geben, freiwerdende Stellen sollen intern besetzt werden. Verschiedene Bereiche sollen komplett aufgegeben werden bzw. soll es eine Bedarfsanalyse geben in den Bereichen Kita und Bibliotheken.

Die Zahl der "verordneten" Urlaube soll ausgeweitet werden. Betriebsferien gibt es bereits zwischen Weihnachten und Neujahr. Künftig sollen die Brückentage dazu kommen. Bislang dürfen Mitarbeiter monatlich 80 Überstunden machen, die innerhalb von 13 Wochen abgebaut werden müssen. In Zukunft sind es nur noch 40 Überstunden. Mittagspausen, der Arztbesuch oder Raucherpausen müssen künftig gestempelt werden. Dadurch sollen die Überstunden reduziert werden, die durch diese nicht in Arbeit investierte Zeit entstehen. Daraus resultierten zwar keine Riesensummen, sagte Link, es seien aber wichtige Bausteine, um nicht weitergehende Maßnahmen beschließen zu müssen.

Außerdem soll die "Verweildauer" eingeführt werden, so dass Mitarbeiter in besonders beanspruchten Bereichen, die auf unbesetzte Stellen wechseln, auch eine Weile dort bleiben. Es soll grundsätzlich keine Umsetzung von Spezialisten mehr auf Stellen der allgemeinen Verwaltung geben, weil so vermieden werden könne, dass die Spezialistenstellen extern besetzt werden müssen. Außerdem will Link das Direktionsrecht stärker in Anspruch nehmen und Mitarbeiter in Bereiche, in denen der Bedarf besonders dringlich ist - wie etwa das Straßenverkehrsamt oder der Ausländer- und Asylbereich - gezielt einsetzen. Dabei geht es beispielsweise um "fertige" Auszubildende oder Mitarbeiter, die aus dem Urlaub wieder zurückkehren.

Die Altersteilzeitregelung, auch im Beamtenbereich, wird bis Ende 2018 ausgesetzt. Und ohne rechtliche Verpflichtung wird es keine Genehmigung mehr zur Aufstockung im Rahmen der Teilzeitbeschäftigung geben. Auch soll es keine vorzeitige Rückkehr aus der Beurlaubung bei Elternzeit geben, außer es bestehe ein Bedarf. Auslaufende Projektstellen oder Projekte werden eingestellt, sofern sie nicht refinanziert sind oder durch interne Kandidaten belegt werden können. Das seien zwar keine guten Nachrichten, sagte Link, viel mehr seien es Maßnahmen, die den Mitarbeitern etwas abverlangen. "Aber es sind keine Maßnahmen, die existenziell sind", so der Oberbürgermeister. Das sahen die Mitarbeiter anders, vor allem die mit einem befristeten Vertrag, ergab die anschließende Diskussion.

"So lange ich Oberbürgermeister bin, wird es keine betriebsbedingten Kündigungen bei der Stadt geben", versprach Link. Niemand müsse Sorge haben, dass gegen Tarifvertragsrechtsvereinbarungen verstoßen werde. So werde das Weihnachtsgeld beispielsweise weiterhin ausgezahlt. Ab 2017 darf allerdings keine Verwendungszulage - also die Übernahme von Diensten in einer höheren Verwendungsgruppe - gezahlt werden, solange es keinen genehmigten Haushalt gibt. Das sei eine Vorgabe der Bezirksregierung und zeige unter anderem, wie wichtig es sei, schnellstmöglich einen genehmigten Haushalt zu bekommen. Da eine Vielzahl dieser Maßnahmen mitbestimmungspflichtig ist, werde zunächst mit dem Personalrat über diese Maßnahmenliste geredet. Der Personalratsvorsitzende Rainer Hagenacker wandte ein, dass er in allen Maßnahmen nicht gesehen habe, wo die Erleichterungen für die Mitarbeiter seien. Er bat daher die Anwesenden darum, eine Resolution zu unterschreiben, die zum Ausdruck bringen soll, dass die Stadtmitarbeiter sich nicht in der Lage sehen, weitere 7,6 Millionen Euro zu erbringen, wenn die Auftragslage in der gleichen Art und Weise fortgeführt werden soll. Der Personalrat hat für den 30. November eine eigene Belegschaftsversammlung angesetzt.

(RP)
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