Duisburg Unterkünfte: Qualität muss stimmen

Duisburg · Sammelunterkünfte sind für die Unterbringung von Flüchtlingen oftmals die bessere Alternative im Vergleich zu beschlagnahmten Wohnungen, findet Sozialdezernent Reinhold Spaniel. Personell sei dies einfach besser zu stemmen.

 Unterkunft: die Turnhalle an der Dislichstraße in Meiderich.

Unterkunft: die Turnhalle an der Dislichstraße in Meiderich.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Stadtdirektor Reinhold Spaniel könnte auch gut Chef eines kleinen Immobilienunternehmens sein. Rund 450 Wohnungen "verwaltet" er inzwischen. In allen Fällen handelt es sich um beschlagnahmte Unterkünfte für Asylbewerber. "Beschlagnahmen" bedeutet in diesem Fall, dass die Stadt die Räumlichkeiten auf unbestimmte Zeit übernimmt - und dafür auch Miete und Nebenkosten bezahlt. Mit 450 Objekten sei das Ende nun so gut wie erreicht, so Spaniel. Mehr gebe der Wohnungsmarkt kaum noch her. Denn die Qualität der Wohnungen muss stimmen. Schrottimmobilien kommen nicht infrage.

 Dieses Haus in Neumühl (links) soll im Juli bezogen werden. In Neuenkamp (rechts) gab es Proteste.

Dieses Haus in Neumühl (links) soll im Juli bezogen werden. In Neuenkamp (rechts) gab es Proteste.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

"Viele glauben, die Unterbringung in Wohnungen sei die beste Lösung". Doch das ist, so Spaniel, nicht der Fall. "Denn die Menschen, die dort einziehen, haben Furchtbares hinter sich und kommen aus ganz anderen Lebensräumen." Den meisten Asylbewerbern müsse man beispielsweise erklären, wie Fahrkarten- oder Geldautomaten funktionieren, wie sie in einem Supermarkt einkaufen oder öffentliche Verkehrsmittel benutzen können, wo Ansprechpartner in der Verwaltung zu finden sind und wo sie medizinische Hilfe bekommen. Damit sei ein hoher Personalaufwand verbunden. "In Sammelunterkünften ist das personell einfacher zu stemmen", sagt Spaniel. Zudem träfen die Asylbewerber, die in der Regel weder Deutsch sprechen, noch verstehen, auf Dolmetscher beziehungsweise auf Landsleute, mit denen sie ihre traumatischen Erlebnisse teilen können.

In den vergangenen Wochen war der Druck auf die Stadt so groß geworden, dass Spaniel vorsichtshalber eine weitere Turnhalle als Notunterkunft herrichten ließ. Wann er die Schlafplätze dort benötigt, "weiß ich nicht. Aber wenn ich abends Nachrichten anschaue, kann ich mir oft schon ausmalen, was auf uns zukommt". Einen, maximal zwei Tage vorher erfährt die Stadt, wenn eine neue Gruppe zugewiesen wird. "Wir wissen dann vielleicht, wie viele Leute kommen, aber nicht, ob es sich um Einzelpersonen oder große Familien handelt, die wir mit Sicherheit nicht auseinanderreißen." Nachdem in den vergangenen Tagen relative Ruhe eingetreten war, "können wir theoretisch heute oder morgen ungeahnt von einer Welle erfasst werden". Diese Unplanbarkeit mache den Mitarbeitern die Arbeit mehr als schwer. "Und dann werden sie auch noch beschimpft, weil mancher in unserer Stadt dafür kein Verständnis hat, wenn wir neue Unterkünfte planen und bauen."

In der Vergangenheit hat der Stadtdirektor stets versucht, schon im Vorfeld Politik und Bürger zu informieren. "Das kann ich nicht mehr garantieren. Wir sind zunehmend zum schnellen Handeln gezwungen." Die Ankündigung, die Rheinhausen-Halle zu belegen, "dürfen Sie nicht wörtlich nehmen. Ich habe damit nur deutlich machen wollen, dass es keine Tabus mehr gibt. Wir müssen alle Räumlichkeiten nutzen, auf die wir Zugriff haben". Nicht auszuschließen also, dass auch die Variante Zeltstadt wieder akut wird.

Zwar werden in den nächsten Monaten nach und nach immer mehr der im vorigen Jahr beschlossenen Sammelunterkünfte bezugsfertig, "aber es kann sein, dass die Plätze heute noch ausreichen, morgen aber schon nicht mehr". Spaniel rechnet damit, dass im kommenden Monat die Übergangseinrichtung an der Holtener Straße in Neumühl bezogen wird. Die an der Königstraße in Walsum ist bereits voll. Bis Ende des Jahres wird die Stadt das Container-Dorf an der Masurenallee in Wedau ausbauen. 2016 werden die Sammelunterkünfte an der Deichstraße in Rheinhausen und möglicherweise auch schon die an der Paul-Rücker-Straße in Neuenkamp nutzbar sein. Auch an der Voßbuschstraße in Baerl will Spaniel möglichst schnell weitere Asylbewerber unterbringen. Hatte er im vorigen Jahr noch angekündigt, jeden Stadtbezirk möglichst gleichmäßig zu "belasten", so ist das inzwischen nicht mehr Stand der Dinge. "Wir müssen dahin gehen, wo wir schnell Platz finden."

(RP)
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