Duisburg Überlebt in der Nischen-Kultur

Duisburg · Das "djäzz" an der Börsenstraße in Duisburgs Innenstadt wird am 1. Mai 15 Jahre alt. Die Kulturkneipe ist in der Hamburger Underground-Szene womöglich bekannter als in Duisburg. jetzt gibt's einen Tapetenwechsel - einen echten.

 15 Jahre Djäzz: Özkan Ulucan, Jenny Kracht, Sascha Bertoncin und Christian von der Heide (von links) in der Szene-Kneipe an der Börsenstraße.

15 Jahre Djäzz: Özkan Ulucan, Jenny Kracht, Sascha Bertoncin und Christian von der Heide (von links) in der Szene-Kneipe an der Börsenstraße.

Foto: Alfons Winterseel

Nein, das große Geld kann man damit nicht verdienen. Und viel Engagement und Enthusiasmus scheinen notwendig, um so lange durchzuhalten, wie das "djäzz" an der Börsenstraße in der Stadtmitte. Von Besuchern geliebt, von einigen Nachbarn wegen des nächtlichen Lärms manchmal gehasst, vom Ordnungsamt kontrolliert und per Verfügung drangsaliert, feiert die Szene-Kneipe trotzig bald das 15-jährige Bestehen.

Am 1. Mai 2003 begann die Geschichte der Kultur-Kneipe. Zwei Jahre führte Can Ulucan das "djäzz" mit dem Ziel, dem Jazz in Duisburger eine Bühne zu verschaffen, dazu Lesungen und später Partys, weil sich mit Kultur alleine kein Geld verdienen ließ. Danach übernahm für viele Jahre sein Bruder Ercan den Gastro- und Kulturbetrieb. Seit Mai 2016 wiederum ist mit Özkan der dritte der Ulucan-Brüder Geschäftsführer: "Das ,djäzz' war immer ein Familienbetrieb", sagt er nicht ohne Stolz.

Das "djäzz" lebt inhaltlich von der Nischen-Kultur, ist linksorientiert und nach Aussage von Sascha Bertoncin, der für das Musik-Programm verantwortlich zeichnet, gefühlt in Hamburg bei den Underground-Bands bekannter als in Duisburg bei den Kneipengängern. "Wir hatten hier schon oft bekannte Bands, die zwischen zwei größeren Konzerten für kleines Geld eine Show bei uns absolvierten", erklärt Christian von der Heide, der die Technik betreut und bei den "Wohnzimmer-Abenden" auch die Theke macht. "Das sind die Abende ohne Partys!"

 Live im Djäzz: Konzert der Band "Pleased to Meet You".

Live im Djäzz: Konzert der Band "Pleased to Meet You".

Foto: Sascha Bertoncin

Nur noch an drei Tagen im Monat darf das "djäzz" bis morgens um 5 Uhr Party machen. Nachbarn hatten sich über den Lärm der Innenstadt-Kneipe beschwert, verursacht auch vom Rauchverbot, das die Gäste nach draußen treibt, und natürlich vom Alkoholpegel einiger Zeitgenossen. Zwischenzeitlich drohte sogar die Schließung, doch dagegen gingen viele auf die Straße und protestierten. Damit der Lärmpegel nicht zu hoch ausschlägt, macht Jenny Kracht "die Tür" und sorgt für Ruhe auf der Börsenstraße. "Wir haben hauptsächlich charmante Gäste, die sich daran gewöhnt haben, draußen leise zu sein."

Manchmal gibt es trotzdem Beschwerden, dann klopft wieder das Ordnungsamt an die Tür. Manchmal auch zu unrecht, wie Christian von der Heide erzählt. "Jemand hatte sich über den Lärm an einem Sonntagabend beschwert, da hatten wir aber nachweislich geschlossen." Dass es nebenan eine weitere Gaststätte gibt, hatte man offensichtlich bei der Behörde nicht auf der Rechnung. Nach 15 Jahren gibt es in dem Club nun einen echten Tapetenwechsel, schmückte doch jahrelang eine psychedelische 70er-Jahre-Tapete die Rückwand der Bühne. Ein dunkles Lila mit einem überdimensionalen Schriftzug "djäzz" beruhigt nun selbst die Augen eines berauschten Betrachters. Auch der Backstage- bzw. Lounge-Bereich wurde renoviert. Und eine neue Tontechnik gibt es auch.

Singer-Songwriter sind hauptsächlich an den "Wohnzimmer-Abenden" zu Gast, an anderen Tagen wird auch gerne mal Tischtennis gespielt. "Diese Abende laufen gar nicht mal schlecht", sagt Christian von der Heide über die sportliche Seite des Clubs.

Pläne hat Özkan Ulucan auch für die Zukunft: "Wir würden gerne im Rheinpark ein Open-Air-Festival veranstalten. Im letzten Jahr hat das leider nicht geklappt, wir haben es aber weiterhin auf dem Plan." Mit 15 Jahren zählt das "djäzz" schon zu den Dinos der Duisburger Gastro- und Veranstaltungsorte. Dem Lauf der Zeit fielen schon viele zum Opfer, vor allem, wenn sie nicht auf der rein kommerzielle Schiene fuhren. Dass aber auch die rein kommerziellen Veranstalter Probleme haben, zeigt der "Strukturwandel" am Innenhafen. In der Gastro-Szene scheint nichts so berechenbar zu sein wie der Wandel. Zwar nicht immer - wie beim "djäzz" - aber immer öfter.

Informationen über das Programm des "djäzz" gibt es auf den Internetseiten des Clubs. Öffnungszeiten: dienstags 20 bis 1 Uhr, mittwochs bis samstags 19 bis 1 Uhr, bei Partys 19 bis 5 Uhr. Sonntags und montags mit Ausnahme von Sonderveranstaltungen geschlossen. Info: www.djaezz.de

(awi)
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