Duisburg "Transit": Glanzpunkt beim Theatertreffen

Duisburg · Auch ohne vordergründige Aktualisierung stellte das Publikum den Bezug zur Gegenwart her.

 Tobias Vethake (Live-Musik) und Thorsten Hierse bei der eindrucksvollen Vorstellung von Transit nach dem Roman von Anna Seghers.

Tobias Vethake (Live-Musik) und Thorsten Hierse bei der eindrucksvollen Vorstellung von Transit nach dem Roman von Anna Seghers.

Foto: Arno Declair

Ein kleiner, aber feiner Glanzpunkt beim Theatertreffen der 37 Duisburger Akzente "Nah und Fern - 300 Jahre Duisburger Hafen": Das Deutsche Theater Berlin gastierte im ausverkauften Foyer III unterm Dach des Theaters mit "Transit" nach dem autobiografischsten und wohl auch gelungensten Roman von Anna Seghers (1900-1983), in den Worten von Christa Wolf "Deutsche, Jüdin, Kommunistin, Schriftstellerin, Frau, Mutter".

Marseille, im Sommer 1940. Am Rande des Kontinents stauen sich die Flüchtlingsströme. Tausende suchen einen Weg hinaus aus Europa, hetzen nach Visa und Transits und hoffen verzweifelt auf eine der wenigen Passagen nach Übersee. Unter ihnen ein junger Deutscher: Geflohen zuerst aus einem deutschen KZ und dann aus einem französischen Arbeitslager bei Rouen, ausgestattet mit falschen Papieren, strandet auch er in der überfüllten Hafenstadt. Hier verliebt er sich in Marie.

Sie ist auf der Suche nach ihrem Mann, von dem sie beim Einmarsch der Deutschen in Paris getrennt wurde. Der Protagonist verschweigt ihr, dass ihr Mann sich das Leben genommen und er dessen Identität angenommen hat.

Er verzichtet sogar auf sein eigenes Schiffsticket und Visum, damit Marie mit ihrem Geliebten, einem Arzt, an Bord eines der letzten Schiffe gehen kann. Er selbst verlässt den Strom der "Abfahrtsbesessenen" und findet eine neue Heimat auf dem Land. Es heißt, das Schiff sei untergegangen.

Thorsten Hierse trägt als konzentrierter Ich-Erzähler den 100-minütigen, pausenlosen Abend. Hinten sitzt Tobias Verhake, der mit Musik, Geräuschen und Loop-Maschine für akustische Vertiefung sorgt. Wiebke Mollenhauer vertritt zwischendurch dezent das weibliche Element.

Regisseur Alexander Reimenschneider verzichtet bei der Performance auf jede vordergründige Aktualisierung - den Bezug zu gegenwärtigen Flüchtlingen stellte das atemlos lauschende und hernach befreit jubelnde Publikum am Ende auch schon selbst her.

(hod)
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