Duisburg "Thyssianer" gehen auf die Straße

Duisburg · Der Vorstand von thyssenkrupp Steel Europe gibt sich wortkarg. Doch die Angst vor Kündigungen und Standortschließungen sowie die Wut über das Schweigen einen Belegschaft und Gewerkschaft.

 Schon beim jüngsten Stahlaktionstag im Frühjahr waren viele Beschäftigte der Stahlindustrie gekommen, um ihre Zukunftssorgen zu verdeutlichen.

Schon beim jüngsten Stahlaktionstag im Frühjahr waren viele Beschäftigte der Stahlindustrie gekommen, um ihre Zukunftssorgen zu verdeutlichen.

Foto: Christoph Reichwein

Ungewissheit und Empörung herrschen in den Reihen der Stahlgewerkschaften und unter den Mitarbeitern der thyssenkrupp Steel Europe. Am Mittwoch gehen sie im Duisburger Norden auf die Straße.

Duisburgs IG-Metall-Chef Dieter Lieske zeigt sich entrüstet über das Verhalten des Stahlkonzerns. Der Vorstand schweige zu den Gerüchten über einen möglichen Zusammenschluss von thyssenkrupp Steel und dem Unternehmen Tata. Statt Antworten zu liefern, "war der Vorstand nebulös", sagt Lieske.

Vor knapp zwei Monaten verkündete Vorstandschef Heinrich Hiesinger zudem, es seien "interne Restrukturierungen notwendig". Auch bei einer Konferenz mit dem Gesamtbetriebsrat am 12. August gab es keine Auskunft zu einer möglichen Fusion mit Tata oder zur geplanten Restrukturierung im Unternehmen. "Es hieß, man möchte 200 Millionen Euro im Personalbereich sparen", berichtet Lieske. Die Vermutung sei naheliegend, dass die Einsparung mithilfe von Standortschließungen und Kündigungen erzielt werden soll.

Dies wiederum würde gegen die Auflagen eines Beschäftigungssicherungstarifvertrages verstoßen. Im September 2013 einigten sich thyssenkrupp Steel Europe und die IG Metall auf vorübergehend verkürzte Arbeitszeiten und weniger Bezahlung. Im Gegenzug sicherte das Unternehmen Kündigungsverzicht zu. Bis 2020 darf es danach keine betriebsbegründeten Kündigungen geben. "Da können die sich warm anziehen", sagt Lieske. "Wir bestehen darauf, dass dieser Vertrag eingehalten wird." Der Vertrag betreffe dabei nicht nur die Arbeiter an den Standorten in Duisburg, sondern die gesamte Belegschaft von thyssenkrupp Steel Europe, berichtet Lieske. Die Vereinbarung sollte dem Konzern als Unterstützung dienen, sich von der Stahlkrise, aber zum größten Teil von eigenen Fehlinvestitionen zu erholen. Dazu gehört beispielsweise der Bau eines Werks in Brasilien, dass rote Zahlen schreibt und auf der Kasse des Konzerns laste, so Lieske. "Wir haben den Konzern vor dem Abgrund gerettet", ist der IG-Metall-Chef überzeugt.

Mit allen bisherigen Anfragen seien Betriebsrat und Gewerkschaft beim Vorstand auf eine "Mauer des Schweigens" gestoßen, sagt der Gewerkschafts-Chef. Unter diesem Motto steht der Stahlaktionstag am Mittwoch. Wie die IG Metall berichtet, habe Guido Kerkhoff, Finanzvorstand in der thyssenkrupp AG, gesagt: "Man muss auch einmal eine Periode einer gewissen Unsicherheit aushalten können." Lieske empfindet dies als unverschämt: "So kann man mit den Mitarbeitern nicht umgehen."

Für den Mittwoch, 31. August, um 11 Uhr 55, ruft die IG Metall zu einer Demonstration vor der Hauptverwaltung der thyssenkrupp Steel Europe AG in Bruckhausen auf. "Wir möchten Folgendes wissen: Warum ist eine Restrukturierung nötig, und weshalb mit einem strategischen Partner (dem Unternehmen Tata)?", sagt Lieske. Ein wirtschaftlicher Zweck erschließe sich ihm und seinen Kollegen nicht, zumal Tata selbst hohe rote Zahlen schreibe, nicht nur in der Stahlindustrie. Zwar habe Hiesinger sich bemüht, die Duisburger Angestellten zu beruhigen, "ganz nach dem Motto: Ihr habt in Duisburg nichts zu befürchten".

Dieter Lieske meint: "Es macht keinen Sinn, wenn einzelne Standorte mutterseelenallein wegsterben. Wir stehen für alle Standorte solidarisch ein." Auch aus der Politik haben die Mitarbeiter Unterstützung: "Wir kämpfen als SPD auf allen politischen Ebenen für den Erhalt und die Sicherung der heimischen Stahlindustrie", heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Bundestags-Abgeordneten Bärbel Bas und Mahmut Özdemir (beide SPD).

Es wird mit tausenden Teilnehmer der Protestaktion gerechnet. Solidaritätsbesuch von Salzgitter und der Saarhütte ist ebenfalls angekündigt. Neben Oberbürgermeister Sören Link werden unter anderem Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall in NRW, Detlef Wetzel, stellvertretender Aufsichtsratvorsitzender thyssenkrupp Steel Europe AG, und Günter Back, Gesamtbetriebsratsvorsitzender thyssenkrupp Steel Europe AG sich das Podium teilen.

(zuew)
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