Ruhrgebiet Störche für eine bessere Welt

Ruhrgebiet · Der Künstler Peter-T. Schulz sammelt Spielzeug von Straßenkindern und stellt es in seinem Atelier in Mülheim aus. Nun hat er ein neues Projekt auf den Weg gebracht: Auf der ganzen Welt basteln Kinder Störche für ihn. Die bunten Vögel will er in einem Museum für Straßenkunst ausstellen.

"Storchenmann" erfreut Kinderherzen weltweit
15 Bilder

"Storchenmann" erfreut Kinderherzen weltweit

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In Madagaskar sind Störche bunt. Sie haben rote Köpfe und blaue Federn, rosa Schnäbel und gelbe Füße. Einen echten Storch haben die Kinder an der Taubstummen-Schule Mirana noch nie gesehen. Sie haben trotzdem einen gebastelt. Und jetzt stehen ihre bunten Vögel aus Bast, Wolle und Pappe im Atelier des Künstlers Peter-T. Schulz in Mülheim an der Ruhr.

Der Maler und Buchautor, der auch als "Petoschu" bekannt geworden ist und den "Ollen Hansen" erfunden hat, reist seit einem Jahr durch die Welt und lässt Kinder in Entwicklungsländern Störche basteln. Die schönsten Exemplare stellt er in seinem Atelier aus. In Kuba, Kenia, Madagaskar und Sri Lanka war er schon, demnächst will er nach Costa Rica reisen. "Pit's Project: storks and streetart" heißt sein Projekt: Der Unicef-Botschafter will den Storch als Symbol aller Kinder in der ganzen Welt bekannt machen. Und sobald er genug gebastelte Störche gesammelt hat, will er ein Museum für Straßenkunst eröffnen und sie dort ausstellen.

Den Storch hat sich Peter-T. Schulz 1984 ausgedacht. "Georch" heißt er und ist auf der Suche nach seiner großen Liebe Georgine. Das Kunst-Buch über die Geschichte des Storchenpaares wurde ein großer Erfolg. Jetzt, rund 25 Jahre später, hat Schulz die Geschichte als Kinderbuch mit vielen bunten Bildern herausgegeben: "Georgine, wo bist du?" gibt es in Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch. Bald soll es auch auf Türkisch, Chinesisch, Russisch, Japanisch und Niederländisch erscheinen.

Bücher im Koffer

Mit den Büchern im Koffer reist der 65-Jährige um die Welt und verschenkt sie in Schulen und Waisenhäusern. Alle Kinder sollen die Geschichte des Storches kennen lernen und bei seinem Projekt mitspielen können. "Mittlerweile melden sich bei mir viele Vereine, die sich in der Dritten Welt engagieren, und fragen nach dem Buch", erzählt Schulz. "Dabei haben wir bisher nichts unternommen, um das Projekt bekannt zu machen, es läuft ganz von allein an."
In acht Ländern wird nun schon gebastelt, Ende des Jahres sollen es zwölf sein. Zuletzt meldete sich ein Verein aus Venezuela bei dem Künstler in Mülheim. Irgendwann, so stellt sich Peter-T. Schulz das vor, wenn das Storch-Symbol weltweit bekannt geworden ist, will er ein Logo daraus machen und mit finanzkräftigen Partnern Lizenzverträge abschließen. Die Verträge sollen allen Kindern in Not zugute kommen. Und bis spätestens 2014 will er genügend Objekte für sein Museum beisammen haben.

Jetzt, Anfang Juni 2010, stehen nur etwa 40 krumme Störche in seinem Regal — doch für den 65-Jährigen sind sie weit mehr als wertlose Pappfiguren. Sie sind Kunst. "Die naive Kunst ist eine Fähigkeit zur Kreativität, die in jedem einzelnen Menschen steckt", sagt er. "Naive Kunst ist ungekonnt, aber liebevoll bemüht, schräg und schön."

So wie das Spielzeug von Straßenkindern, das er schon seit Jahren sammelt und das ihn auf das Storchen-Projekt gebracht hat. In seinem Atelier hat er gebasteltes Spielzeug von Kindern ausgestellt. Auf einem großen Tisch liegen bunt bemalte Pappsandalen, Autos aus Joghurtbechern mit Rädern aus Flaschendeckeln und Fußbälle aus gepressten Müllsäcken. Kinder aus Kenia, Kuba, Madagaskar und Rumänien haben sie gemacht. Auch diese Mitbringsel sollen mal in seinem Museum ausgestellt werden.
Peter-T. Schulz nimmt eine Gitarre von dem Tisch und dreht sie in der Hand. Sie ist aus groben Holzplatten gezimmert, mit grünem Filzstift bemalt. Eine Saite fehlt, eine kringelt sich zerrissen am Rumpf, nur die letzte ist noch gespannt. Zupft man sie, gibt sie ein paar klägliche Töne von sich. Er hat sie in Madagaskar einem Jungen am Straßenrand abgekauft. 50 000 Ariary, umgerechnet rund zwei Euro, hat er gezahlt. "Die ist doch wunderschön", sagt er. "Ein Kind, das noch nie zuvor eine Schule besucht hat, noch nichts gelernt hat, schafft aus sich selbst heraus ein solches Objekt."

Die Faszination für naive Kunst will er mit seinem Projekt vermitteln, die Menschen für diese Kunst begeistern — auch für die gebastelten Störche. "Für viele der Kinder ist Georch nur ein komischer Vogel oder ein Mensch mit einem langen Schnabel", sagt Schulz. "Aber was auch immer sie in ihm sehen, diese Figur soll mal auf der ganzen Welt bekannt sein und auf sie und ihre Belange aufmerksam machen."

(RP)
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