Duisburg Stadtwerke brauchen 200 Millionen

Duisburg · Allein zum Ausgleich des erwarteten Defizits von rund 2,5 Millionen Euro benötigt der DVV-Konzern Geld von der Stadt. Vor allem soll sie Geld zur Verfügung stellen, um in den nächsten Jahren wichtige Investitionen finanzieren zu können.

 Die Gasübernahmestation des Kraftwerks in Wanheim. Der Betrieb eines solchen Energieproduzenten lohnt sich für die Stadtwerke nicht, wenn der Bund nicht reagiert.

Die Gasübernahmestation des Kraftwerks in Wanheim. Der Betrieb eines solchen Energieproduzenten lohnt sich für die Stadtwerke nicht, wenn der Bund nicht reagiert.

Foto: Stadtwerke Duisburg

Das Ziel von Marcus Wittig, Vorstandschef des Duisburger Versorgungs- und Verkehrskonzerns (DVV) ist klar: Spätestens ab 2018/19 soll das Unternehmen aus der finanziellen Abhängigkeit von Stadt gelöst sein. Doch dazu muss die Mutter erst einmal Geld in die Hand nehmen, sehr, sehr viel Geld: rund 200 Millionen Euro zur Stärkung der Eigenkapitaldecke des Konzerns. "Das ist eine Summe, da muss man erst einmal schlucken", sagte gestern Oberbürgermeister Sören Link. So viel hat die Stadt in den vergangene Jahrzehnten, möglicherweise sogar noch nie in ein "Einzelprojekt" gepackt.

Die Ratsmitglieder sollen in ihrer Sitzung Ende April beschließen, dass ein entsprechender Nachtragshaushalt aufgestellt wird. Der DVV-Konzern wird in die Lage versetzt, auch größere Investitionen vornehmen zu können. Die Alternative wäre gewesen: Die Stadtwerke Duisburg werden verkauft. Wegen des Querverbundes (Stadtwerkegewinne werden zur Tilgung der DVG-Defizite verwendet) müsste die Stadt dann das jährliche Defizit von rund 40 bis 45 Millionen Jahr für Jahr selber ausgleichen. Neben diesem Zuschuss benötigt der Konzern aktuell weitere 4,7 Millionen Euro, um das Defizit aus dem Geschäftsjahr 2014 auszugleichen.

Über die Gründe, die zur Schieflage des Konzerns geführt haben, berichten wir seit Wochen immer wieder. Es sind vor allem der beschlossene Atomaussteig und die Förderung regenerativer Energien, die das Unternehmen in die Knie zwingen. Es bekommt für den selbsterzeugten Strom an der Börse in Leipzig gerade mal die Hälfte der Erzeugungskosten. Eine Konsequenz ist, dass die Stadtwerke in zwei Jahren das Kohlekraftwerk in Hochfeld vom Netz nehmen werden. Weiterbetrieben wird das Gaskraftwerk in Wanheim, für die Fernwärmeversorgung unverzichtbar. Rund 80 Maßnahmen hat der Vorstand bekanntlich erarbeitet, die im Ergebnis die Kosten um jährlich 45 Millionen Euro drücken werden. Die Betriebsräte von Stadtwerken, DVG und DVV tragen das Konzept mit. Die jeweiligen Aufsichtsräte werden am 28. April das Sanierungskonzept beraten und - das gilt als sicher - auch beschließen.

Darin enthalten sind Überlegungen mit dem Ziel, bis zu 600 Stellen abzubauen. "Das wird uns möglicherweise nicht in jedem Fall gelingen, aber wir wollen es versuchen", sagt Marcus Wittig. Mitarbeiter, die beispielsweise von der vorgezogenen Rente mit 63 Gebrauch machen können, werden gezielt angesprochen. Freiwerdende Stellen werden nicht mehr oder mit Kollegen besetzt, deren bisheriger Arbeitsplatz wegfällt. Auch ein Wechsel von Stadtwerkern zu anderen Unternehmen, die gut ausgebildete Handwerker benötigen, ist denkbar. Angelaufen sind Vorbereitungen, Abteilungen samt der jeweiligen Belegschaft auszugliedern. Darüber nachgedacht wird beispielsweise, den Fuhrpark zusammen mit anderen Firmen zu betreiben. Außerdem soll an der Bungertstraße anstelle des stillgelegten Kraftwerks ein Wärmespeicher gebaut werden, eine Investition, die die Stadtwerke nur mit höherer Eigenkapitaldecke stemmen können. Auch in die Strom-, Gas- und Fernwärmenetze soll in den kommenden Jahren deutlich investiert werden.

Oberbürgermeister Link ist zuversichtlich, dass die Stadtwerke durch die Finanzspritze und das Restrukturierungsprogramm aus der Krise herauskommen. Gestern teilte er mit, er habe mit Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und Energie (SPD), über Hilfe für die Stadtwerke gesprochen. "Er hat mit zugesagt, die KWK-Förderung kommt." KWK steht für Kraftwärmekopplung, mit der unter anderem die Duisburger Stadtwerke ihren Strom und ihre Fernwärme erzeugen.

Den 200-Millionen-Kredit an die Stadtwerke muss die Bezirksregierung genehmigen. Entsprechende Gespräche laufen bereits. Sören Link gab gestern zu bedenken, dass er dem Rat der Stadt diesen Weg nicht vorschlagen würde, wenn er davon ausgehen müsse, dass diese Ausgabe gegenüber der Kommunalaufsicht nicht schlüssig zu begründen sei.

(RP)
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