Duisburg Stadtdechant verlässt Duisburg

Duisburg · Zehn Jahre lang war Pfarrer Bernhard Lücking Repräsentant der katholischen Kirche in Duisburg. Am Sonntag wird der 70-Jährige in der Kirche St. Joseph am Dellplatz seinen Abschiedsgottesdienst feiern.

Bernhard Lücking war erst wenige Monate zuvor von Gelsenkirchen nach Duisburg gekommen, als man ihn im Januar 2007 zum Duisburger Stadtdechanten ernannte; erst kommissarisch, dann offiziell. Die Zeiten damals waren besonders schwierig, da das Bistum Essen, zu dem auch die meisten katholischen Gemeinden Duisburgs gehören, den zuvor schon angekündigten "Pfarrentwicklungsprozess" in die Tat umgesetzt hatten. Das hieß: Die bislang selbstständigen Gemeinden wurden zu Großpfarren zusammengeschlossen.

Aus vielen Pfarrern wurden Pastoren, die von den Verwaltungsaufgaben der neuen Großpfarrgemeinden entbunden waren. Für viele Katholiken, sowohl Laien als auch Priester, war diese Veränderung ein Schock. Bernhard Lücking, selber Pfarrer der Großpfarre Liebfrauen in der Innenstadt, bekam gewissermaßen zwangsläufig das Amt des Vermittlers zugeschrieben; eine Aufgabe, für die er in vieler Hinsicht wie geschaffen ist.

Gleich zu Beginn seiner Amtszeit, die nun zum Ende des Monats endet, sagte Lücking, dass er sich selber als Teamarbeiter versteht. Und dazu gehört, dass er mit den Vertretern der evangelischen Kirche enger zusammenarbeitet als wohl alle seine Vorgänger. Wenn Lücking am Sonntag, 26. November, 15 Uhr, in der Pfarrkirche St. Joseph am Dellplatz seinen Abschiedsgottesdienst feiert, werden gewiss auch Vertreter der evangelischen Kirche, der orthodoxen Kirche, der Jüdischen Gemeinde und wohl auch Mitglieder liberaler Moscheevereine dabeisein.

Die Umstrukturierung der katholischen Kirche ist eine Herausforderung, die noch nicht abgeschlossen ist. "Die Zeiten der Volkskirche sind vorbei", sagt Lücking. Das Selbstverständnis der Gläubigen, auch der Priester, müsse sich wandeln. Lücking kann man als ökumenischen Vordenker bezeichnen. "Auf Dauer können wir die Herausforderungen der Zeit nicht mehr als einzige Kirche, sondern nur ökumenisch bewältigen", sagt er. Das könne beispielsweise heißen, dass Kirchgebäude künftig von Christen verschiedener Konfessionen gemeinsam genutzt werden. Vielleicht müsse man sich bald damit abfinden, dass in einigen Orten nur noch ein Pastor als Ansprechpartner für Christen zur Verfügung steht, sei er nun evangelisch oder katholisch.

An eine Aufhebung der Trennung der Kirchen in absehbarer Zeit glaubt Lücking allerdings nicht. Er sieht in den beiden großen Kirchen "die Einheit in versöhnter Verschiedenheit". Den "Schulterschluss der Christen" hat Lücking stets im Blick gehabt. Das prägte seine Amtszeit als Duisburger Stadtdechant. So hat er mehrfach in der evangelischen Salvatorkirche gepredigt; beim Jahresempfang 2016 der katholischen Stadtkirche lud er als Gastredner den Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Christoph Pistorius, ein. In diesem Reformationsjahr widmete er den Liedern Luthers eine eigene Predigtreihe; und beim großen Reformationsgottesdienst in der Mercatorhalle stand er selbstverständlich mit auf dem Bühnenaltar, um eine Fürbitte vorzulesen - als Zeichen der Verbundenheit aller Christen. Im Laufe der Jahre entwickelte sich zwischen dem katholischen Stadtdechanten und dem evangelischen Superintendenten Armin Schneider eine persönliche Freundschaft. Die beiden duzen sich schon lange; ganz menschlich. Dieses Menschliche ist stets auch ein großes Thema für Lücking. Als Priester und Katholik ist er von Papst Franziskus begeistert, weil dieser keine kirchenrechtlichen Aspekte, sondern die Barmherzigkeit zum Mittelpunkt seines Wirkens mache.

Als Stadtdechant scheute sich Lücking nicht, Stellung zu beziehen, wenn in der (Duisburger) Gesellschaft Menschlichkeit auf der Strecke zu bleiben drohte. Klipp und klar sagte Lücking beispielsweise, dass ihm die Duisburger Pegida-Demonstrationen "zutiefst zuwider" seien. Fremdenfeindlichkeit, die Unempfindlichkeit gegenüber der Not von Geflüchteten oder die pauschale anti-islamische Propaganda hat er immer wieder angeprangert. Noch vor wenigen Tagen hat er im Rathaus als Redner zum Gedenken an die Pogromnacht eine wahrhaftige Erinnerungskultur eingefordert, die zu einer "menschlicheren, toleranteren, freiheitlicheren und demokratischeren Gesellschaft" beitragen könne.

Gerade für die Duisburger Stadtkirche sieht Lücking eine Bereicherung durch die Zuwanderer, die oft nur als "Problem" gesehen werden. Lücking: "Diese Zuwanderer bringen eine neue Frömmigkeit zu uns; sie zeigen uns auch, dass wir eine Weltkirche sind." Und im Gottesdienst zeige sich immer wieder, wie der Ritus Menschen zusammenführt, die sich allein mit den Mitteln der Sprache kaum verständigen können. Nicht zuletzt deshalb ist es für Lücking selbstverständlich, sich mit einem Gottesdienst aus dem Amt zu verabschieden.

(pk)
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