Razzia in Duisburg Staatsschutz hält ein Auge auf Islamisten-Szene

Duisburg · Nach der Durchsuchung des türkischen Reisebüros in Rheinhausen wächst die Unsicherheit, wie groß der salafistische Einfluss in Duisburg ist. Die Polizei sieht keinen Grund, Alarm zu schlagen.

Razzia gegen möglichen IS-Unterstützer in Duisburg
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August 2016: Razzia gegen möglichen IS-Unterstützer in Duisburg

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Foto: Rene Anhuth/ ANC-NEWS

Die Durchsuchung der Räume des türkischen Reisebüros in Rheinhausen am Mittwochmorgen, in dem sich in der Vergangenheit wohl auch die beiden jungen Männer häufiger aufgehalten hatten, die wegen des Anschlags auf den Sikh-Tempel in Essen in Haft sitzen, haben die Untersicherheit bei den Duisburgern in Bezug auf salafistische Aktivitäten verstärkt. Genährt werden sie auch durch Meldungen, dass ein Terrorverdächtiger aus Duisburg in Mutterstadt festgenommen wurde. Es handelt allerdings sich um einen Asylbewerber aus Dinslaken, der der so genannten Lohberger Brigade zugeordnet wird. Mittwoch vermeldete die zuständige Duisburger Staatsanwaltschaft von dort eine weitere Festnahme. Bisweilen schleicht sich das Gefühl ein, dass Islamisten und Salafisten auch in unserer Stadt angekommen und aktiv sind.

Die Duisburger Polizei sieht das — mit Ausnahme von Lohberg — nicht so. Die Abteilung des Duisburger Staatsschutzes ist auch für die Überwachung des Kreis Wesel zuständig. Im Duisburger Stadtgebiet gibt es nach Beobachtungen der Fachleute eine Szene wie in Lohberg nicht. Zwar finden sich unter den vielen kleinen Moscheen in Duisburg, die oft versteckt in Geschäftsräumen oder in Hinterhöfen untergebracht sind, vier bis fünf, die salafistisch ausgerichtet sind — aber der Staatsschutz hat so zu sagen ständig den Blick auf sie gerichtet. Daher war es zum Beispiel möglich, dass im Frühjahr die geplante Veranstaltung mit einem Hassprediger in Marxloh nicht stattfand. Ergebnis der Arbeit ist auch, dass eine Verbindung zwischen den Sikh-Tempel-Attentätern in Essen und dem Inhaber des Rheinhauser Reisebüros hergestellt werden konnte, das Mittwoch durchsucht wurde. "Vor einigen Wochen haben wir dort eine so genannte Gefährderansprache durchgeführt", sagt Polizeipressersprecher Ramon van der Maat.

Dabei wird dem "Angesprochenen" deutlich gemacht, dass er unter Beobachtung steht und — in diesem Fall — Islamisierungsaktivitäten jedweder Art zu unterlassen habe. Der Mann steht unter dem Verdacht, vor jungen Männern entsprechend gepredigt und ihnen die Ausreise in IS-Kampfgebiete ermöglicht zu haben. Er bestreitet dies.

Die Duisburger Polizei hatte ihre Kollegen in der Nachbarstadt auf die beiden Männer aufmerksam gemacht, nachdem die Mutter von einem der beiden ihr Tagebuchauszüge zur Verfügung gestellt hatte. Deren Auswertung reichte damals aber nicht für eine Hausdurchsuchung bei dem Rheinhauser Reisebürobesitzer. Die 16 Mitarbeiter des Staatsschutzes sind seit Monaten mehr denn je gefordert, "weil es immer wieder vorkommt, dass ein Bürger sich an uns wendet, der in seiner Nachbarschaft Verdächtiges beobachtet haben will", so van der Maat. Verärgert ist die Polizei über Hinweise, die sich im Nachhinein als haltlos erweisen, keineswegs. Denn es könnte ja auch anders sein.

Dank des Staatsschutzes und der türkischen Kontaktbeamten bei der Duisburger Polizei gibt es nicht nur ein Bild über mögliche islamistische Tendenzen. Sondern die Sicherheitsbehörden können auch die Stimmung der überwiegend türkischen Migranten recht gut einschätzen. Die Tatsache, dass ein Großteil von ihnen fanatische Erdogan-Anhänger sind, ist noch kein Alarmsignal. Denn nicht jeder, der die (nach unserem demokratischen Verständnis inakzeptablen) Aktivitäten des türkischen Staatspräsidenten bejubelt, ist auch radikal. Dennoch versucht die Polizei genau hinzuhören, ob zum Beispiel in den Freitagsgebeten zur Gewalt aufgerufen wird.

Beobachtet wird auch, wie der "Erdogan-Hype" die Stimmung unter den türkisch-stämmigen Migranten beeinflusst. Die Sympathien für die Aktionen des Staatspräsidenten haben hier längst "etablierte" Kreise erreicht. Deutlich wurde dies durch die Resolution, die der Integrationsrat vor der Sommerpause auf den Weg bringen wollte (wir berichteten ausführlich). Damals hatte es geheißen, dass dessen Erdogan-kritische Mitglieder unter Druck gesetzt worden seien. Beweisbar ist das nicht, auszuschließen aber auch nicht.

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