Duisburg "Spieltrieb": Brechts "Kreidekreis" als theatraler Overkill

Duisburg · Seit zehn Jahren gibt der "Spieltrieb"-Jugendclub im Theater Duisburg erfolgreich jungen Menschen zwischen 17 und 23 Jahren die Möglichkeit, sich unter professioneller Anleitung mit dem Medium "Theater" auseinander zu setzen: vor, auf, und hinter der Bühne (die RP berichtete). Zum Jubiläum gab es jetzt die jüngste, ausverkaufte Premiere mit "Der kaukasische Kreidekreis" von Bertolt Brecht. Das Publikum saß dabei mit auf der Bühne.

 Viele "Spieltrieb"-Darsteller stehen beim Brecht-Stück auf der Bühne.

Viele "Spieltrieb"-Darsteller stehen beim Brecht-Stück auf der Bühne.

Foto: kreklau

Noch einmal kurz zum Inhalt: Aufstand in Grusinien (gemeint ist Georgien). Der Gouverneur Georgi Abaschwili wird ermordet. Seine Frau Natella kümmert sich lieber um ihre Garderobe als um das gemeinsame Kind und lässt es bei ihrer Flucht zurück. Das Küchenmädchen Grusche Vachnadze nimmt das Bündel als ihr eigenes Kind an und verzichtet auf ihr eigenes Glück. Doch dann fordert plötzlich die leibliche Mutter das Kind zurück. Der Armeleuterichter Azdag ordnet an, den Beweis durch ein Experiment zu erbringen. Dazu lässt er das Kind in einen Kreidekreis stellen und ordnet an, beide Frauen sollen gleichzeitig versuchen, das Kind zu sich aus dem Kreis herauszuziehen. Herrisch reißt die Gouverneursfrau ihr Kind an sich, welches Grusche voll Mitleid loslässt. Hierdurch erweist sie sich als die "wahrhaft Mütterliche", die ihr Kind liebt und es lieber loslässt, als ihm weh zu tun. Schließlich erhält Grusche das Kind zugesprochen, da sie in Liebe und täglicher Pflichterfüllung bewiesen hat, "dass da gehören soll, was da ist, denen, die für es gut sind", wie es am Ende des Stückes heißt.

Aus diesem Klassiker des Epischen Theaters macht die Inszenierung von Eva Zitta und Michael Steindl mit viel Gespür für seine tiefe Ironie einen wunderbaren theatralen Overkill. In gut zwei pausenlosen Stunden gibt es viele Szenen, Lieder und nicht zuletzt Pointen der Güteklasse "Spaß beiseite, Spieß beiseite" oder "Sie ist eine gute Seele, nur erst nach dem Mittagessen". 20 äußerst spielfreudige Darsteller verkörpern 50 Rollen in über 100 Kostümteilen. Allen voran MarieKristin Pankrath als sensible Grusche, Yale Sevis als Natella, Hochzeitsgast und Musiker sowie Philipp Keßel in sechs Rollen, vor allem als einfacher, aber schlauer Azdag.

Nichts wie hin also zu den folgenden Vorstellungen am 28. und 29. April, 4., 5., 11., 12., 17., 19. und 30. Mai, im Foyer III des Theaters. Karten unter Tel. 0203 / 283 62-100.

(RP)
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