Zwei Tote, ein Vermisster in Duisburg Schiffsexplosion war kilometerweit zu hören

Duisburg · Nach der Explosion auf einem Tanker im Duisburger Hafen steht die genaue Ursache noch nicht fest. Vermutlich wurde ein Gasgemisch unter Deck entzündet. Die Polizei fand die Leichen von zwei Monteuren weit entfernt vom Schiff. Ein dritter Arbeiter wird noch vermisst.

Es ist 8.41 Uhr, als der Duisburger Norden am Donnerstagmorgen von einer schweren Explosion erschüttert wird. Die Druckwelle ist so enorm, dass Fensterscheiben zerspringen und Häuserwände wackeln. In der Werft in Meiderich steigt eine gewaltige Rauchsäule auf, die kilometerweit zu sehen ist. Der Spezialbinnentanker "MS Julius Rütgers", der dort zur Inspektion vor Anker liegt, steht in Flammen. Unter Deck des Schiffes, vermutlich in einem der sieben Tankräume, liegt der Explosionsherd.

Mindestens zwei Monteure, die zu diesem Zeitpunkt auf dem Schiff gearbeitet haben, kommen ums Leben; ein dritter Arbeiter wird noch vermisst. Es wird aber vermutet, dass auch er tot ist. Die Ermittler haben große Mühe gehabt, die beiden gefundenen Leichen zu identifizieren. Ein 46 Jahre alter Duisburger soll aber einer der Toten sein. Die Polizei hat die beiden Leichen Hunderte Meter weit entfernt vom Tanker gefunden; eine auf einer Bahnschiene, die andere mitten auf einer Straße. "Die Wucht der Explosion hat sie dorthin geschleudert", sagt ein Polizeisprecher. Auch Trümmerteile, die zum Teil 600 Kilogramm schwer sind, liegen weit vom Schiff entfernt. Drei Personen, die sich zum Unglückszeitpunkt in der Nähe des Tankers aufgehalten haben, werden mit leichten Verletzungen in Krankenhäuser gebracht.

Zwei Tote bei Explosion eines Schiffs im Duisburger Hafen
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Tote bei Explosion im Hafen Duisburg

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Foto: Christoph Reichwein

Die Feuerwehr, die mit rund 50 Einsatzkräften vor Ort ist, benötigt etwas mehr als eine Stunde, um den Brand bis auf wenige kleine Glutnester zu löschen. Luftmessungen ergeben, dass zu keinem Zeitpunkt Gesundheitsgefahren für Anwohner bestanden haben.

Was genau die Explosion ausgelöst hat, ist noch nicht genau geklärt. Die Sachverständigen gehen bislang von menschlichem Versagen aus. "Das ist aus meiner Sicht eine Gasexplosion", sagt ein erfahrener Polizeisprecher, der auch Mitglied der Wasserschutzpolizei ist. Darauf deuten auch die Schäden hin. Das Vorderdeck ist völlig zerstört. In der Seite klafft ein riesiges Loch.

Die unter deutscher Flagge fahrende "MS Julius Rütgers" liegt seit vergangenen Sonntag in der Werft. Sie sollte dort für den Schiffs-Tüv fertiggemacht werden. Am Donnerstag sollten offenbar Nacharbeiten im Schiffsinneren stattfinden. Der 110 Meter lange Binnentanker ist für den Transport von Bitumen (Erdpech), das über 200 Grad heiß werden kann, und für Schweröle für Großdieselmotoren ausgelegt. Die sieben Tankräume sind allerdings leer gewesen. Denn Tanker dürfen der Vorschrift nach aus Sicherheitsgründen nur ohne Fracht in eine Werft einlaufen. Der Schiffsführer muss zudem ein sogenanntes Gaszertifikat vorlegen, das unter anderem bescheinigt, dass an Bord keine entflammbaren Stoffe austreten beziehungsweise noch in der Luft liegen können, wenn es zu Reparaturzwecken im Hafen liegt. "Ob diese Bescheinigung vorgelegen hat oder nicht, müssen wir noch klären", so der Polizeisprecher.

Fest zu stehen scheint aber, dass sich Gasrückstände entzündet haben. Schweißarbeiten werden als Zündquelle vermutet. Die Frage, die sich die Ermittler stellen, ist, wie das passieren konnte. Eine Antwort darauf hat auch Gunther Jaegers, Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt, noch nicht. Er wolle jetzt erst einmal die Ermittlungsergebnisse abwarten. An einen vergleichbaren Vorfall könne er sich jedenfalls nicht erinnern.

Großeinsätze im Duisburger Hafen
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Chronik: Großeinsätze im Duisburger Hafen

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Foto: Christoph Reichwein

Die Werft liegt etwas abgeschieden in der Nähe der Duisburger Stadtautobahn 59. Die nächste Wohnsiedlung ist rund zwei Kilometer entfernt. Dort dachten manche zunächst, dass eine Bombe hochgegangen sei. Trotz der Entfernung haben viele Anwohner eine schwere Erschütterungen wahrgenommen. Siegfried Wolf ist durch den Knall wach geworden. "Es hat alles gewackelt", sagt der 54-Jährige, der sich am Vormittag mit einem Freund in der Werft treffen wollte. "Der rief mich dann aber sofort an, und sagte mir, dass aus unserem Treffen nichts werde. Hier würde alles brennen", berichtet Wolf.

Nach dem dritten vermissten Arbeiter ist bis zum Abend vergeblich gesucht worden. Die Rettungskräfte gehen davon aus, dass er nicht mehr lebend gefunden wird. "Wer auf dem Schiff war, kann das unmöglich überlebt haben", so der Polizeisprecher. Taucher sollen am Freitag im Hafenbecken weiter nach ihm suchen, und auch Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei werden das Hafengelände in einem Radius von einem Kilometer um das Schiff weiter durchkämmen.

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