Duisburg Scharf gewürztes Kabarett

Duisburg · Wilfried Schmickler erzählte im Steinhof von vernetzten Kronleuchtern und geifernden Vollpfosten.

 Wilfried Schmickler bei seinem Auftritt im Steinhof am vergangenen Samstag.

Wilfried Schmickler bei seinem Auftritt im Steinhof am vergangenen Samstag.

Foto: christoph reichwein

Das Ergebnis des Bundesliga-Spitzenspiels zwischen Leverkusen und Borussia Dortmund interessierte Wilfried Schmickler erkennbar, als er nach der Pause wieder die Bühne betrat. Das konnten ihm die Smartphone- Nutzer im Steinhof auch prompt liefern. Der Zuruf "Dortmund hat 0:2 verloren" erhöhte die ohnehin gute Laune des Leverkusener Vereinsmitglieds sichtlich, denn das bedeutete ja, dass "sein" Verein den Favoriten besiegt hatte. Der in Köln wohnende Kabarettist war im Rahmen seiner Tour mal wieder in Huckingen zu Gast.

Zu dieser Spielstätte hat der 61-Jährige eine ganz besondere Beziehung. Vom ersten Auftritt an zeigte er sich stark beeindruckt von dem, was unter ehrenamtlicher Regie dort auf die Beine gestellt wird. Schmickler wurde "Stuhlpate" und lud die "Ehrenamtlichen" als Anerkennung für ihr Engagement auch schon in die von ihm maßgeblich mitgestaltete WDR-Satiresendung "Mitternachtsspitzen" ein. Seit dieser Zeit tritt er immer wieder gerne dort ("Mein Lieblings-Steinhof") auf. Am Samstag präsentierte er sein aktuelles Programm "Das Letzte", mit dem er seit 2015 auf Deutschland-Tour ist. Schmickler hält sein siebtes Soloprogramm natürlich ständig aktuell, an Themen für einen politischen Kabarettisten mangelt es derzeit ja nun auch wirklich nicht.

Gleich zu Beginn machte der zur ersten Garde der deutschen Satiriker gehörende Wortakrobat dem Publikum ein interessantes "geschäftliches" Angebot. "Ich hab jetzt auch eine Briefkastenfirma gegründet", verkündete er stolz. Seine "Firma", einen Hausbriefkasten hatte er dabei unter dem Arm, als er denen, die "dringend Geld verschwinden lassen müssen", mit einem verschmitzten Lächeln seine Hilfe anbot. Danach widmete sich der Wahl-Kölner der sich immer stärker fortschreitenden Digitalisierung, bei der die "wirkliche Welt" in den "unendlichen Weiten der digitalen Welt" verloren zu gehen scheint. "Big Brother" habe mit der neuesten Version der Barbie-Puppe eine "Little Sister" bekommen, hat Schmickler festgestellt, denn die nette kleine Barbie ist mittlerweile ebenfalls vernetzt und kann die verbal vermittelten Wünsche ihrer Besitzerin zur weiteren werbemäßigen Bearbeitung direkt an entsprechende Server weiterleiten. Auch die Möglichkeit, den kompletten Haushalt zu vernetzen, ist für ihn keine Option: "Ich möchte nicht, dass mein Wasserkocher ein Verhältnis mit meinem Kronleuchter hat." Die derzeitigen aufgeregten politischen Debatten im Lande ließ der mehrfach ausgezeichnete Satiriker auch nicht unkommentiert. Dabei nahm er die sonst von ihm auch nicht gerade geschonte Bundeskanzlerin regelrecht in Schutz: "Vor kurzem wurde Angela Merkel noch allseits geschätzt, jetzt ist sie zum Freiwild der Tollwut-Bürger geworden." Schmickler warnt vor der derzeitigen Entwicklung, denn nach dem Motto der deutschen Biedermänner "Das wird man doch wohl noch sagen dürfen" seien die "Schleusen der Kloaken voll geöffnet" worden. Seine Forderung an die "besorgten Bürger" ist eindeutig: "Ein bisschen mehr Respekt, ihr Vollpfosten." Die derzeit diese Stimmung befeuernde AFD wird auch seiner Meinung weiter Erfolg haben und in weitere Landtage und in den Bundestag einziehen. Die Vorstellung, dass demnächst "die vielen neuen AFDler, die diesen Staat verachten und bekämpfen, von diesem als Abgeordnete dann insgesamt rund 14 Millionen Euro an Diäten und Aufwandsentschädigungen erhalten", macht nicht nur Wilfried Schmickler richtig wütend. Beeindruckt von dem Kabarettabend "zum Mitdenken" war auch Duisburgs Landtagsabgeordnete Sarah Philipp (SPD): "Wilfried Schmickler gefällt mir sehr gut. Ich kenne ihn von den Mitternachtsspitzen im WDR. Ein kritischer Kabarettist der guten alten Schule."

(RP)
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