Null-Toleranz-Linie in Duisburg Polizeichefin mit Herz und harter Hand

Duisburg · Duisburgs Polizeipräsidentin Elke Bartels fährt gegenüber Kriminellen eine Null-Toleranz-Linie und stellt sich stets vor ihre Kollegen. Gegen den Begriff "No-go-Area" wehrt sie sich, denn die Polizei in Duisburg gehe in jede Straße und in jedes Haus.

 Elke Bartels leitet seit 2010 das Polizeipräsidium in Duisburg.

Elke Bartels leitet seit 2010 das Polizeipräsidium in Duisburg.

Foto: Christoph Reichwein

Elke Bartels hat sehr wache Augen. Das fällt sofort auf, wenn man der Duisburger Polizeipräsidentin zum ersten Mal begegnet. Gleichfalls nicht zu übersehen: ihre Lachfalten und hin und wieder die gespitzten Lippen, wenn sie zu einem witzig-ironischen Kommentar ansetzt. Doch vorsichtig: Die Juristin kann auch weniger charmant und witzig sein. Sie ist streng in der Sache, kann schwierige Sachverhalte in wenigen Worten auf den Punkt bringen, klug ihre Forderungen formulieren und treffsicher Kritik äußern, wo sie angebracht ist.

Vor sechs Jahren wechselte die 61-jährige promovierte Juristin aus der Düsseldorfer Bezirksregierung auf den Stuhl der Polizeipräsidentin in Duisburg. Beworben hatte sie sich darum nicht. Aber der damalige Innenminister Ralf Jäger wollte es so. Duisburg kannte Elke Bartels bis dahin quasi "nur am Rande", denn sie wohnte da schon seit längerer Zeit mit (inzwischen erwachsenem) Sohn und Ehemann in Düsseldorf-Wittlaer, direkt an der Duisburger Stadtgrenze.

Kein Kulturschock in Duisburg

Zum Glück ist Elke Bartels in Dortmund geboren worden und studierte in Bochum. Denn die Ruhrgebietsmentalität war ihr somit vertraut, so dass der Ortswechsel bei ihr keinen Kulturschock hervorrief. Denn was sie an ihrem neuen Arbeitsplatz erwartete, hatte nichts mit Düsseldorfer Schick zu tun. "Da war schon einiges Überraschende dabei", sagt sie und spitzt dabei die Lippen. Die Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Rockergangs in der Duisburger Altstadt zum Beispiel. Bartels, die als Juristin keine Uniform trägt, aber während ihrer Dienstzeit in Düsseldorf immer wieder mit Polizeiarbeit in Berührung gekommen ist, benötigte nur einige Monate, um diese gewaltbereite Szene in ihre Grenzen zu weisen. "Das klappte nur, weil ich Personal habe, das hoch qualifiziert und leistungsbereit ist und mit dem es sich wunderbar zusammenarbeiten lässt", sagt sie.

"Null Toleranz" war vom ersten Arbeitstag an ihre Parole - so auch beim Vorgehen gegen Kriminelle aus Südosteuropa, von denen in ihrer Anfangszeit besonders viele in einem Hochhaus im Stadtteil Bergheim wohnten und dort versuchten, eine Zone abseits deutscher Gesetzgebung zu schaffen. Das Problem bekam die Präsidentin aus polizeilicher Sicht in den Griff, ohne dass ihr und ihren Mitarbeitern ausländerfeindliches Verhalten vorgeworfen worden wäre. Mit der gleichen Konsequenz gehen sie und ihre Kollegen in Marxloh vor. Gegen den Begriff "No-go-Area" wehrte sich Bartels stets, wenn er verallgemeinernd gebraucht wurde. "Denn wir, also die Polizei, gehen in jede Straße und in jedes Haus."

Dabei verschweigt sie nicht, wie gefährlich das für die Beamten sein kann. Schon kleine "Anlässe" haben dort oft große Wirkung. Und unversehens sieht sich dann eine Streifenwagenbesatzung einem Mob von hundert und mehr Anwohnern gegenüber, denen das Faustrecht näher ist als Gesetze. Sie versucht gar nicht erst, so etwas herunterzureden. Und sie ist ehrlich genug, zuzugeben, dass Marxloh sowie auch weitere Stadtteile aus polizeilicher Sicht nach wie vor "heiße Pflaster" sind. Ihre sachliche Darstellung der Zustände hat aber immerhin vor zwei Jahren bewirkt, dass ein zusätzlicher Zug der Hundertschaften arbeitstäglich die Kollegen vor Ort" unterstützt. Darüber hinaus wurde ihre eigene Hundertschaft um einen vierten Zug erweitert.

So sehr sie sich über diese Verstärkung freut, sie macht ihr zugleich Sorgen. Denn die zusätzlichen Polizisten müssen untergebracht werden. "Aber wir haben keinen Platz", sagt sie. Hinzu kommt, dass einige Wachen im Stadtgebiet in einem baulich kritischen Zustand sind. Bei ihrem Dienstantritt sah es so aus, als würde der Landesbaubetrieb in absehbarer Zeit einen Neubau für die Polizei errichten lassen. Davon ist aber nichts zu sehen. Schon aus Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern bereitet ihr dieser Zustand schlaflose Nächte.

Nach der Wahl im Mai muss sie nun erstmal herausfinden, wie die neue Landesregierung zu diesem Thema steht. Denn eine Polizeipräsidentin muss sich auch auf dem politischen Parkett bewegen können, was sie bei der Bezirksregierung gelernt hat. Politik ist ihr auch vertraut, weil die 61-Jährige langjähriges SPD-Mitglied, ist. "Aber an meinen Schreibtisch bin ich parteipolitisch neutral. Das gebietet mir schon mein geleisteter Amtseid."

Aus dieser Neutralitätsposition heraus sei es für sie auch nicht ungewöhnlich, "sondern nur ehrenhaft", regelmäßig mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammenzutreffen, und zwar in einem Kreis von Führungsfrauen aus Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft. "Eine beeindruckende, kluge Frau", ist Elke Bartels ehrliche Meinung von der Kanzlerin.

Wer ihre Mitarbeiter nach der Chefin befragt, bekommt ähnliches Lob für Bartels zu hören. Ihr wird hoch angerechnet, dass sie sich vor ihre Beamten stellt, deren Beförderungen keine Steine in den Weg legt und Interesse an der Alltagsarbeit zeigt. Bei echten Einsätzen oft dabei, hat sie miterlebt, was ihre Beamten auf der Straße leisten müssen und wie viel Geduld und Selbstbeherrschung nötig sind, um Straftätern gegenüber korrekt aufzutreten. Auf der anderen Seite geht sie aber auch hartnäckig dagegen vor, wenn sich Beamte Bürgern gegenüber nicht korrekt verhalten.

Mit ihrer Haltung, ihrem konsequenten Handeln und ihren Aktionen gegen Kriminelle hat sich Elke Bartels in Duisburg viel Akzeptanz erarbeitet. Sie referiert vor Bürgervereinen genauso wie vor Fachleuten ihrer "Branche". Vor einigen Wochen trat sie vor eine Versammlung von Synodalen aus der Rhein-Ruhr-Region und sprach vor ihnen über den schwierigen Umgang mit Geflüchteten und Zugewanderten. Ganz ohne Emotionen berichtete sie, wie Großfamilien aus dem Libanon versuchen, im Duisburger Norden Straßenzüge unter ihre Kontrolle zu bringen, Zugereiste aus Südosteuropa den deutschen Sozialstaat betrügen und alleinreisende junge Flüchtlinge aus Nordafrika für ihre Beamten besonders gefährlich sind - "weil deren Gewaltschwelle niedrig liegt und sie sehr schnell das mitgeführte Messer aus der Tasche ziehen". Diejenigen im Saal, die nur an das Gute im Menschen glauben, mag das missfallen haben. "Aber Wahrheiten muss man aussprechen", so Elke Bartels, der Fremdenfeindlichkeit fremd ist.

Ist die Polizeipräsidentin in ihrem Privatleben genauso gradlinig und streng? "Da müssen Sie meinen Ehemann und meinen Sohn fragen. Aber ich glaube, die würden das bejahen", antwortet Elke Bartels verschmitzt lächelnd. Mit ihren beiden Männern verreist sie gerne in fremde Länder, um deren Menschen und Kultur kennenzulernen. Genauso gerne kocht sie Gerichte aus aller Welt oder sitzt auf dem Sofa und liest. Selten sind es Reiseführer, Romane oder Krimis, viel häufiger aber Akten, die sie aus dem Büro mit nach Hause nimmt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort