Duisburg Philharmonische Frühlingsgefühle

Duisburg · Im jüngsten Philharmonischen Konzert im Theater am Marientor erklangen zwei Werke von dem vor 150 Jahren geborenen dänischen Meister Carl Nielsen offenbar erstmals in Duisburg. Solist war Kolja Blacher.

 Kolja Blacher, Duisburgs Artist in Residence, spielte das Werk des dänischen Komponisten Carl Nielsen mit seinen enormen spieltechnischen Schwierigkeiten suggestiv und ohne mit der Wimper zu zucken.

Kolja Blacher, Duisburgs Artist in Residence, spielte das Werk des dänischen Komponisten Carl Nielsen mit seinen enormen spieltechnischen Schwierigkeiten suggestiv und ohne mit der Wimper zu zucken.

Foto: sabine smolnik

Aufbruchsstimmung, der Jahreszeit entsprechend, verbreitete das jüngste, neunte Philharmonische Konzert im Theater am Marientor (TaM). Im Mittelpunkt standen zwei Werke von dem vor 150 Jahren geborenen dänischen Meister Carl Nielsen, die offenbar zum ersten Mal überhaupt in Duisburg erklangen. Das waren beides eher frühe, noch relativ romantische und gefällige Stücke, die gleichwohl schon den weiteren Weg des Komponisten ahnen lassen.

Das eine war die Konzertouvertüre "Helios" op. 17 (1903), benannt nach dem altgriechischen Sonnengott und inspiriert von Sonnenaufgang (und -untergang) über der Ägäis. Kein Wunder, dass es sich dabei um das international beliebteste kleinere Orchesterwerk des Dänen handelt. Das andere war das Konzert für Violine und Orchester op. 33 (1911), in dem der gelernte Geiger Nielsen den Typus des Virtuosenkonzerts aufgriff und eigenwillig weiterentwickelte.

Es ist durchaus vergleichbar dem etwas älteren Violinkonzert des Finnen Jean Sibelius, nur weit weniger bekannt - vielleicht, weil es weit weniger eingängige Themen enthält. Es vermag aber durchaus zu fesseln, vor allem, wenn es so suggestiv gespielt wird wie im TaM von Kolja Blacher, Duisburgs Artist in Residence (Gastkünstler) der laufenden Saison. Dass er die enormen spieltechnischen Schwierigkeiten bewältigte, ohne mit der Wimper zu zucken, das kennen wir inzwischen schon von ihm. Er legte außerdem seine gesamte künstlerische Neugier und Überzeugungskraft in die Aufführung, die so zu einem Plädoyer für das Werk wurde.

Als sehr sinnvolle Ergänzung nach der Pause gab es die Sinfonie Nr. 1 B-Dur op. 38 "Frühlings-Sinfonie" (1841) von Robert Schumann, die seit einem Vierteljahrhundert nicht in unserer Stadt zu erleben gewesen war. Denn Nielsen war über seinen Lehrer Niels Wilhelm Gade mit der Leipziger Schule verbunden, wenn auch mehr mit Felix Mendelssohn, der wiederum Schumann bei der Komposition dieser Sinfonie beriet und die Uraufführung dirigierte. Schumann konzipierte sein Werk innerhalb von vier Tagen und nach eigenen Worten (in einem Brief an den Komponisten-Kollegen Louis Spohr) "in jenem Frühlingsdrang, der den Menschen wohl bis in das höchste Alter hinreißt, und in jedem Jahr von neuem überfällt".

Duisburgs Generalmusikdirektor Giordano Bellincampi ist bekanntlich geboren vor 50 Jahren in Rom und aufgewachsen in Dänemark. Dass ihm die Musik von Nielsen eine Herzensangelegenheit ist, erscheint als Binsenweisheit. Dass er die "Helios"-Ouvertüre faszinierend wie aus dem Nichts erstehen ließ und dem Violinkonzert seine launigen Kanten ließ, ist aber nicht selbstverständlich. Auch Schumanns "Frühlings-Sinfonie" verlieh er das notwendige Profil. Dass die Duisburger Philharmoniker mit äußerster Konzentration und blühenden Klängen eines der besten Philharmonischen Konzerte dieser Saison gaben, lag sicher auch daran, dass es für eine CD-Produktion aufgezeichnet wurde.

(hod)
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