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Duisburg Mit Kunst gegen Macht-Missbrauch

Duisburg · Am Donnerstagabend wird in der cubus-Kunsthalle eine Ausstellung der Gruppe "Nebelhorn" eröffnet. 40 Künstler mit und ohne Behinderung zeigen Werke, in denen unterschiedliche Gewalt-Erfahrungen verarbeitet werden.

 Die Werke der Ausstellung zeigen Beispiel von Missbrauch an Körper und Seele.

Die Werke der Ausstellung zeigen Beispiel von Missbrauch an Körper und Seele.

Foto: Pressefoto Andreas Probst

Ein Künstler, der nach unseren Maßstäben als geistig behindert gilt, fand den schönen Namen "Nebelhorn" für jene Gruppe, die vor 20 Jahren gegründet wurde. Menschen mit und ohne Behinderung treffen sich mehr oder weniger regelmäßig in einer zum Atelierhaus umgestalteten ehemaligen Werkstatt, um unter der Anleitung des aus Peru stammenden Künstlers Raúl Avellaneda künstlerisch zu arbeiten. Es liegt auf der Hand, dass man dieses künstlerische Schaffen auch als Therapie betrachten kann. Das Nebelhorn als Warnsignal und Orientierungshilfe ist vor diesem Hintergrund ein symbolträchtiger Name.

Im Kreis Wesel ist die Gruppe "Nebelhorn" längst wohlbekannt. Aber auch in Duisburg hat man von ihr schon gehört, auch dank der cubus-Kunsthalle, die vor drei Jahren schon einmal eine "Nebelhorn"-Ausstellung zeigte. Am Donnerstag, 29. Oktober, 19 Uhr, wird in der cubus-Kunsthalle eine aktuelle Ausstellung dieses ungewöhnlichen Kunstvereins, dessen Gemeinnützigkeit schon seit Jahren offiziell anerkannt ist, eröffnet. "Macht-Missbrauch" sind Thema und Titel der beeindruckenden Schau.

Etwa ein Jahr lang haben 40 "Nebelhorn"-Künstler für die Ausstellung gearbeitet. Interessant ist, dass man als Außenstehender kaum zu sagen vermag, welche Werke von einem Künstler mit Behinderung und welche von einem "normalen" Künstler stammen. Wobei Raúl Avellaneda vor solchen Unterscheidungen ohnehin warnt. In seiner Gruppe arbeiten Menschen im Alter von acht bis 75 Jahren. Manche gehen ordentlichen Berufen nach, etwa als Banker oder Lehrer. Andere haben ihren Beruf aufgrund einer Suchterkrankung verloren und suchen zurzeit neuen Halt und neue Arbeit. Andere leben dauerhaft in einer betreuten Einrichtung. Und wiederum andere leiden an einer psychischen Erkrankung. Das Schöne sei, so berichtete Raúl Avellaneda gestern bei der Vorbesichtigung, dass alle Gruppenmitglieder gegenseitig voneinander profitierten. Diese Erfahrung habe er gleich am Anfang seines Kunst-"Experiments" machen können, als es darum ging, ein Stillleben zu malen. Während die "normalen" Gruppenmitglieder brav die vor ihnen stehende Kaffeetasse gemalt hätten, habe dieses schlichte Motiv bei einem Teilnehmer mit Downsyndrom eine Fülle von Assoziationen hervorgerufen. Da sei die geliebte Großmutter gewissermaßen wieder lebendig geworden.

In der aktuellen Ausstellung sieht man allerdings keine harmlosen Motive; vielmehr zeigen einige Werke mit zum Teil drastischer Klarheit Beispiele von Missbrauch an Körper und Seele. Einige Gemälde oder Objekte kann man unschwer als Anklagen gegen Menschen verstehen, die für Institutionen wie Schule, Kliniken, Behörden oder auch Kirchen arbeiten. Nicht zuletzt zielen einige Arbeiten auf Missbrauchserfahrungen innerhalb der Familie. Ein häufiges Motiv ist das Schweigen über den erfahrenen Missbrauch. Ein eindrucksvolles, alptraumhaftes Gemälde trägt den Titel "Eiskalte Verdunkelung".

Bei der Eröffnung werden nach einem Grußwort von Bürgermeister Volker Mosblech die Staatssekretärin im NRW-Gesundheitsministerium, Martina Hoffmann-Badache, und Gertrud Servos, stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland, sprechen. Anschließend wird Raúl Avellaneda die Gruppe Nebelhorn und die Hintergründe der Ausstellung vorstellen. Sie kann bis zum 6. Dezember in der cubus-Kunsthalle, mittwochs bis sonntags, jeweils von 14 bis 18 Uhr, kostenlos besichtigt werden.

(pk)
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