Duisburg Bizarre Szenen unter den Platanen

Duisburg · Am Montag sollten Vorarbeiten zur Fällung der Platanen an der Mercatorstraße stattfinden. Doch Umweltschützer stellten sich quer. Dienstag wollen sie in aller Frühe wieder da sein, denn dann wird schweres Gerät anrücken.

Duisburg: Die Platanen an der Mercatorstraße sind gefällt
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Duisburg: Die Platanen sind gefällt

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Ein Mann "bewaffnet" sich mit einer Kettensäge, steigt in den Hubwagen und lässt sich mit einem breiten Grinsen zur Baumkrone der nächsten Platane fahren. "Mal gucken, wie schnell die rennen können", ruft er von oben. Und schnell rennen können die Männer und Frauen, die unten stehen. In Windeseile haben sich vier, fünf, sechs, sieben von ihnen unter dem Baum versammelt, um zu verhindern, dass der Mann mit der Säge dem Baum auch nur ein Blatt krümmt. Aber der Mann lacht nur, lässt sich einfach zur nächsten Baumkrone bewegen — und verursacht am Boden damit hektische Bewegungen. Das "Spiel" beginnt von vorne...

Das, was sich da heute Mittag unter den Platanen auf der Mercatorstraße abspielte, wurde von Minute zu Minute absurder. Mitarbeiter der Wirtschaftsbetriebe spielten mit Umweltschützern im wahrsten Sinne Katz und Maus. Ein Zeitvertreib, der der einen Seite offensichtlich Spaß bereitete, der anderen weniger. Aber sie machte trotzdem bereitwillig mit.

 Die Polizei im Einsatz.

Die Polizei im Einsatz.

Foto: Pressefoto Andreas Probst

Gegen sieben Uhr in der Früh waren die Mitarbeiter der Wirtschaftsbetriebe angerückt, um im Umfeld der Platanen Fakten zu schaffen. Die Stadt hatte sie beauftragt, größere Äste zu entfernen, bevor die Bäume dann endgültig gefällt werden. Die Umweltschützer, die dies trotz eines gültigen Ratsbeschlusses und grünen Lichts seitens der Bezirksregierung unbedingt verhindern wollen und Unterschriften gegen die Fällaktion sammeln, hatten davon am Wochenende zufällig erfahren. Wer sich heute so kurzfristig die Zeit freischaufeln konnte, fuhr an die Mercatorstraße, um zu verhindern, dass "seinen" Bäumen etwas zustößt.

"Ich kann wirklich nicht begreifen, was im Kopf unseres Oberbürgermeisters und in der Stadtverwaltung vor sich geht", ereiferte sich Kerstin Ciesla, Vorsitzende des BUND Duisburg. Am Donnerstag habe ihr die Stadt noch zugesichert, man würde sie über die weiteren Planungen unterrichten. "Dann, an einem Samstagmorgen, kommt eine Pressemitteilung. Das zeigt doch, dass die Stadt es drauf anlegt, dass ihre Pläne erst öffentlich werden, wenn es zu spät ist. Ich nenne das Überrumplungstaktik, damit keine Proteste mehr möglich sind. Das hat nichts mit Transparenz zu tun." Auch habe sie kein Verständnis dafür, warum die Stadt nicht erst die Unterschriftenaktion für das Bürgerbegehren abwartet. "Wir haben jetzt schon mehr als 3700 Unterschriften. Und heute habe ich jede Menge E-Mails und Anrufe bekommen, dass es noch viel mehr gibt. Die Bögen sind nur noch nicht alle zu uns gekommen."

Das kritisierte heute auch die Initiative "Mehr Demokratie". "Nach der Abwahl von Oberbürgermeister Sauerland war viel von einem demokratischen Aufbruch die Rede. Davon scheint nichts mehr übrig zu sein", sagte Landesgeschäftsführer Alexander Trennheuser. Er forderte, den Ausgang des Bürgerbegehrens abzuwarten und erst dann eine Entscheidung über die Zukunft der Platanen zu treffen.

Ciesla und ihre Mitstreiter warten jetzt auf eine Reaktion der Bezirksregierung. Denn der BUND hat dort heute Morgen eine Anzeige eingereicht und eine Anordnung zur Aussetzung der Fällmaßnahmen beantragt. "Der Fördermittelantrag der Stadt Duisburg, der bei der Bezirksregierung Düsseldorf zum Ausbau des Bahnhofsvorplatzes und zum Umbau der Mercatorstraße eingereicht wurde, strotzt nur so von Aussagen, die durch die Fällmaßnahmen konterkariert werden", so Ciesla. "Wir sehen hier diverse Verletzungen des Fördermittelbescheids, die dazu führen könnten, dass sich die Stadt Duisburg einerseits für den Ausbau der Mercatorstraße keinerlei Fördermittel genehmigt bekommen könnte und andererseits Fördermittel aus dem genehmigten Antrag nicht abrufen könnte", sagte sie. Der Fördermittelantrag beziehe sich auf die erklärten Ziele des Handlungskonzeptes; es werde zum Beispiel erklärt, die Maßnahmen seien notwendig zum "Verbinden und Qualifizieren von Grünstrukturen". Ciesla: "Doch genau dies wird durch die Fällung einer intakten Allee aus unserer Sicht ins Gegenteil gekehrt."

Bis in den späten Abend hinein wollen die Umweltschützer heute an der Mercatorstraße ausharren — unter Beobachtung der Polizei und trotz Warnungen von Mitarbeitern der Stadtverwaltung, man werde den Platz räumen lassen. Morgen wollen sie bereits im Morgengrauen wieder vor Ort sein. "Wir werden alles tun, um zu verhindern, dass das schwere Gerät, das die Bäume fällen soll, durchkommt", kündigte Grünen-Ratsfrau Claudia Leiße an.

(rpo)
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