Duisburg Marxloh von Studierenden erforscht

Duisburg · Das Zentrum für Erinnerungskultur, Menschenrechte und Demokratie (ZfE) am Karmelplatz widmet sich vor allem dem Nationalsozialismus in Duisburg. Als zweite Säule seiner Arbeit baut es gerade die migrantische Erinnerungskultur auf. Einen ersten wichtigen Schritt auf diesem Weg bedeutet die Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum (RUB).

 Marxloh hat viele Gesichter. Am Pollmannkreuz prägen längst türkisch-stämmige Einzelhändler das Bild.

Marxloh hat viele Gesichter. Am Pollmannkreuz prägen längst türkisch-stämmige Einzelhändler das Bild.

Foto: Reichwein

Jetzt haben acht besonders begabte Studierende der Fakultät für Geschichtswissenschaften der RUB, davon die Hälfte selbst mit Migrationshintergrund, zu den Anfängen der Gastarbeitermigration in Marxloh geforscht. Der Stadtteil im Duisburger Norden wird zum Teil als Hort der Kriminalität verteufelt, zum Teil als Musterbeispiel gelungener Integration verherrlicht - die Wahrheit liegt wohl in der Mitte, das soll nun wissenschaftlich untersucht werden. Denn auch für Marxloh gilt: Man kann die Gegenwart nur verstehen, wenn man die Geschichte kennt. Jetzt bei der Präsentation zeigte der Historiker Dr. Michael Kanther vom ZfE, der selbst in Marxloh aufgewachsen ist, zunächst Bilder aus dem Stadtarchiv, die das Marxloh des 20. Jahrhunderts als ein Paradies des Einzelhandels und überhaupt der Infrastruktur zeigen - bis in die 1970er Jahre.

Dann fanden die meisten alteingesessenen Geschäftsinhaber keine Nachfolger, viele "Besserverdienende" (Kanther) zogen wegen der damals katastrophalen Umweltsituation ins Umland - zeitgleich kamen die Migranten an.

Die Studierenden erklärten die Zuwanderung durch die westdeutschen Anwerbeabkommen mit Ländern in Südeuropa und Nordafrika von 1955 bis 1973, ebenso auch die Rückwanderung. Insbesondere Türken blieben aber hier, sie heirateten oder holten die Familie zu sich.

Die zukünftigen Historiker führten unter anderem Interviews mit Marxloher Zeitzeugen, auch, weil die bislang einzige erkennbare schriftliche Quelle die Werkszeitung der August-Thyssen-Hütte ist, in der die Arbeiter aufgefordert wurden, die Ausländer als Kollegen anzusehen.

Wie fast immer in der Geschichtswissenschaft, haben die ersten Antworten gezeigt, wie viele Fragen es noch gibt. Fortsetzung (der Forschung) folgt.

(hod)
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