Duisburg Manchmal muss ein Baum einfach fallen

Duisburg · Viele Bürger beschweren sich, dass in Duisburg Bäume ohne ersichtlichen Grund gefällt werden. Dass das ein Trugschluss ist, weiß Henning Hürten von den Wirtschaftsbetrieben.

 Henning Hürten ist ein regelrechter Baumflüsterer, er kennt nahezu jeden Baum im Stadtgebiet und ist auf das Wohl von Mensch und Baum bedacht.

Henning Hürten ist ein regelrechter Baumflüsterer, er kennt nahezu jeden Baum im Stadtgebiet und ist auf das Wohl von Mensch und Baum bedacht.

Foto: crei

Knapp über 50.000 Straßenbäume gibt es im Duisburger Stadtgebiet. Rund 15 verschiedene Arten, plus ein paar Exoten. Seit 2004 gibt es ein eigenes Kataster für die Bäume, die entlang Duisburgs Straßen wachsen. Jeder einzelne Baum ist dort vermerkt mit all seinen Merkmalen: Art, Alter und vor allem auch, wie es um den Zustand des Baumes bestellt ist. Sechs Menschen verbringen ihre tägliche Arbeit damit, all diese Bäume zu kontrollieren und herauszufinden, wie vital sie sind. Ob sie stehenbleiben dürfen oder ob sie gefällt werden und neuen, geeigneteren Exemplaren weichen müssen.

Einer, der seit über 20 Jahren im Dienste der Bäume unterwegs ist, ist Henning Hürten (55). Der Garten- und Landschaftsbaumeister und Projektleiter der Wirtschaftsbetriebe kennt Duisburg wie seine Westentasche - nicht anhand der Straßennamen, sondern wegen der Bäume, die hier wachsen. Gerade in den vergangenen Wochen bekommt er oft zu hören, die Stadt würde reihenweise Bäume fällen - scheinbar ohne jeden Grund. Das ärgert ihn. Denn die Empfehlung auszusprechen, einen Baum zu fällen, machen sich die Baumkontrolleure nicht leicht. Gründe für eine Fällung gebe es zahlreiche. Von den vielen verschiedenen Schädlingen und Pilzen, gegen die kaum etwas zu unternehmen ist, haben sie einen Baum erst mal befallen, ganz abgesehen. "Stadtbäume sind einfach Einrichtungsgegenstände der Straßen", sagt Hürten. Er wisse, dass sich das hart anhöre. "Aber in den Städten sind Aspekte wie Verkehrssicherheit nun einmal wichtig." Die sei dann aber nicht mehr gegeben, wenn 80 Jahre alte Bäume entsprechend Wurzeln geschlagen hätten, und den Asphalt hochheben würden. Sie scheren sich nicht um Straßen oder Infrastruktur. Sind sie gesund, wachsen sie, nicht nur in die Höhe, sondern auch unter der Erde. Hürten: "Die Menschen vergessen immer, dass Bäume auch Wurzeln haben."

Angehobene Randsteine und unebene Gehwege sind das Ergebnis. "Teilweise kommen Menschen mit Kinderwagen oder Rollstuhl einen Weg nicht mehr entlang. Das geht natürlich nicht." Aber auch die Höhe der Bäume und Dichte der Kronen bereiten Ärger. "Bäume sind wunderbare natürliche Klimaanlagen. Sie spenden Schatten und kühlen damit auch Wohnungen", solange sie nicht direkt vor dem Haus stünden und sich die Bewohner über zu wenig Tageslicht beschwerten. Viele störe es auch, dass die Bäume Straßen und Autos verschmutzen. Zu dichte Baumkronen, die über der Straße ein regelrechtes Dach bilden, verhindern zudem, dass die Abgase der Autos in den Himmel abziehen können. Alles Probleme, die zu der Frage führen, warum man nicht einfach kleinere Bäume gepflanzt hat? "Es gibt Baumarten, die kleiner und nicht so wuchtig werden. Die wachsen dann aber auch nicht so schnell, und es würde viel länger dauern, bis sie für ein schönes Stadtbild sorgen und Schatten spenden", sagt Hürten. Das würde den Menschen auch nicht passen. Darum sei eine Lösung, schnell wachsende Bäume zu pflanzen, diese aber gegen jüngere auszutauschen, sollte der Baum nicht mehr ins Straßenbild passen. Irgendwann müssten die Bäume ohnehin altersbedingt weg. "Natürlich hängt man an den Bäumen, aber wenn sie krank sind oder den Anwohnern das Leben schwermachen, dann muss eine Lösung her." Oft würden Bürger die verschiedenen Gründe nicht sehen. Weil man aber Baumfreunde nicht zu Baumfeinden machen wolle, bemühe sich die Stadt, gemeinsam Lösungen zu finden.

Sind Bäume aber mit Pilzen und immer wieder neuen Schädlingen befallen, werden morsch oder aus anderen Gründen zur Gefahr, komme die Stadt nicht darum herum, die Bäume zu fällen. Allerdings werde in Duisburg, das ohnehin "gesegnet ist mit so vielen Bäumen", wie Hürten sagt, kein Baum gefällt, ohne, dass ein neuer gepflanzt wird.

(RP)
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