Messe Düsseldorf 50 Zuschauer wollten Beginn des Loveparade-Prozesses sehen

Düsseldorf · Die Katastrophe bei der Duisburger Loveparade wird ab heute vor Gericht aufgearbeitet. Den Prozessauftakt verfolgen nur rund 50 Zuschauer - deutlich weniger als erwartet. Bevor die Anklage verlesen werden kann, reichen die Verteidiger eine Flut von Anträgen ein.

Gut sieben Jahre nach dem Loveparade-Unglück in Duisburg mit 21 Toten hat am Freitag in Düsseldorf die Gerichtsverhandlung gegen zehn Beteiligte begonnen. Angeklagt sind sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und vier des Veranstalters Lopavent. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vor.

Loveparade-Unglück 2010 in Duisburg - Prozess in Düsseldorf gestartet
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Loveparade-Prozess mit Verzögerung gestartet

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Am ersten Prozesstag gab es mehrere Verzögerungen. Bis Freitagnachmittag war es noch immer nicht zur Verlesung der Anklageschrift durch Oberstaatsanwalt Uwe Mühlhoff gekommen. Zunächst gab es mehrere Unterbrechungen aus technischen Gründen in dem angemieteten Verhandlungssaal. Der Strafprozess findet aus Platzgründen nicht in Duisburg statt, sondern im Messe-Congress-Center in Düsseldorf.

Dann verzögerten Anträge der Verteidiger den Fortgang des Verfahrens. Sie hatten unter anderem Bedenken gegen die vom Gericht beabsichtigte Aufzeichnung der Verhandlung. Zudem kritisierten sie, dass unter den Zuschauern auch Personen seien, die im Laufe des Verfahrens möglicherweise noch als Zeugen vernommen werden. Das Gericht unterbrach daraufhin die Verhandlung, und zwei Zuschauer verließen den Saal, darunter die Sprecherin von Loveparade-Veranstalter Rainer Schaller.

Daraufhin stellten Verteidiger Befangenheitsanträge gegen zwei Ergänzungsschöffen - die Begründung: Der Sohn eines Schöffen sei bei der Freiwillligen Feuerwehr in Duisburg und am Tag der Loveparade auch im Bereitschaftsdienst gewesen. Außerdem habe die Stieftochter eines anderen Schöffen die Loveparade besucht. Sie sei zwar nicht Zeuge des tödlichen Gedränges geworden. Aber das reiche für eine Befangenheit ihres Stiefvaters aus, sagte der Anwalt eines Angeklagten. Weitere Verteidiger kündigten eine umfangreiche Besetzungsrüge gegen das Gericht an.

"Endlich geht der Prozess los"

Aus Platzgründen hatte das Landgericht Duisburg die Hauptverhandlung in eine Kongresshalle nach Düsseldorf verlegt. Rund 500 Menschen finden darin Platz. Die Angeklagten werden von 32 Juristen verteidigt. Der Anklage der Staatsanwaltschaft haben sich 65 Nebenkläger angeschlossen. Sie werden von 38 Anwälten vertreten.

Rund 50 Besucher hatten sich am Freitag zu Beginn im Saal eingefunden, das Gericht hatte mit einem wesentlich größeren Andrang gerechnet. Insgesamt 234 Plätze sind für Besucher reserviert. Ein vierköpfiges Notfallseelsorge-Team stand am ersten Tag als Beistand für Angehörige, Traumatisierte und alle anderen Besucher bereit.

Schon am frühen Morgen hatten die ersten Besucher auf den Einlass gewartet. Einige standen bereits um 7 Uhr vor der Düsseldorfer Kongresshalle, mehr als zwei Stunden vor Prozessbeginn. "Ich habe mich gefreut, dass endlich der Prozess losgeht. Jetzt bin ich mir aber nicht mehr sicher, ob ich das heute überhaupt schaffe", sagte Nebenkläger Manfred Reißaus vor Prozessbeginn. Er fühle sich sehr unruhig und nervös.

Reißaus hatte seine Tochter Svenja bei dem Unglück verloren. Er hoffe, dass diejenigen, die für die Katastrophe verantwortlich seien, verurteilt würden. "Das wäre das Schönste." Er wolle aber nicht zu viele Hoffnungen in ein Urteil setzen - "um nicht enttäuscht zu werden".

Die Anklageschrift umfasst 556 Seiten. Die Staatsanwaltschaft Duisburg listet darin "schwerwiegende Fehler bei Planung und Genehmigung" auf. Zudem seien Sicherheitsauflagen nicht überwacht worden. Das Verfahren steht unter Zeitdruck: Ende Juli 2020 verjähren die Vorwürfe.

Bei dem Unglück am 24. Juli 2010 waren in einem Gedränge am einzigen Zu- und Abgang der Technoparade 21 Menschen im Alter von 17 bis 38 Jahren erdrückt worden. Mindestens 652 wurden verletzt.

Der damalige Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) und Loveparade-Veranstalter Rainer Schaller sind nicht angeklagt. Beide sollen im Verlauf des Prozesses aber als Zeugen aussagen.

(csh/wer/lsa)
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